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Eisenbahngesellschaft abgeschlossenen Vertrags vom 5. Februar d. J. lautete:
„Der Staat ist berechtigt, alle für ihn aus diesem Vertrage hervorgehenden
Rechte und Verpflichtungen auf das Reich zu übertragen.“
Meinungsverschiedenheit zwischen Preußen und Sachsen-
Weimar wegen Heranziehung der thüringischen Eisenbahnen
zu Kommunalsteuern. Im Februar 1876 beschäftigte den Bundesrat eine
Meinungsverschiedenheit zwischen der preußischen Regierung und den Regierungen
von Sachsen-Weimar und Sachsen-Coburg-Gotha wegen Heranziehung der
thüringischen Eisenbahngesellschaft zu Kommunalabgaben in preußischen Städten.
Der Bundesrat hatte beschlossen, anzuerkennen, daß nach Art. 76 Absatz 1 der
Verfassung eine von dem Bundesrat zu erledigende Streitigkeit zwischen den
beteiligten Bundesstaaten vorliege und die Königlich preußische Regierung um
Abgabe ihrer Erklärung über die Sache zu ersuchen. Die preußische Regierung
gab diese verlangte Erklärung im August 1876 ab, worauf der Reichskanzler
dieselbe dem Bundesrat unterbreitete. 1)
Die Erledigung dieser Angelegenheit wurde im März 1877 im Bundesrat
durch folgenden Antrag der Regierung von Sachsen-Weimar wieder angeregt:
„Nachdem der Bundesrat unter dem 2. Februar 1876 beschlossen hat, die
zwischen der Königlich preußischen Regierung einerseits und der Großherzoglich
sächsischen und Herzoglich sachsen--coburg-gothaischen Regierung andererseits
bestehende Meinungsverschiedenheit wegen Beiziehung der thüringischen Eisen-
bahngesellschaft zu Kommunalabgaben in preußischen Städten als eine nach
Artikel 76 Absatz 1 der Reichsverfassung von dem Bundesrat zu erledigende
Streitigkeit anzuerkennen, wird im Namen der Großherzoglich sächsischen
Regierung beantragt, der Bundesrat wolle die Erledigung dieser Streitigkeit
dadurch herbeiführen, daß die von der Königlich preußischen Regierung selbst in
der Erklärung vom 18. Juli 1876 als nicht unzweifelhaft bezeichnete Frage,
ob nach Artikel 15, Absatz 1 des’ Staatsvertrags vom 19. April 1844 die
Königlich preußische Regierung den beiden anderen oben genannten Regierungen
gegenüber verpflichtet ist, die thüringische Eisenbahngesellschaft auch von jeder
Kommunalabgabe, mit alleiniger Ausnahme der Grundsteuer und anderer ding-
licher Lasten, soweit solche nach der bestehenden Landesgesetzgebung von der
Gesellschaft zu übernehmen sind, zu befreien, einer zu bildenden Austrägalinstanz
zur endgültigen Entscheidung überwiesen wird.“ 2)
Die Ausschüsse des Bundesrats für das Justizwesen und die Verfassung
1) Der Inhalt der preußischen Erklärung findet sich in der „Nat.-Ztg.“ Nr. 391
v. 23. 8. 76 und in der „Nordd. Allg. Ztg.“ Nr. 196 v. 23. 8. 76.
2) Die „Nat.-Ztg.“ Nr. 131 v. 18. 3. 77 bemerkte zu vorstehendem Antrag: Das
kleinstaatliche Jdeal der „Austrägalinstanz“ — bekanntlich hatten mehrere Regierungen zum
Entwurf des jetzigen Artikels 76 der Reichsverfassung dabin zielende Erklärungen abgegeben