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Diese nahen Beziehungen Eulenburgs zu Bismarck währten bis zu seiner
Ernennung zum Regierungspräsidenten in Wiesbaden (1869), die ebenso auf
Bismarcks Veranlassung erfolgte, wie seine spätere Ernennung zum Bezirks-
präsidenten in Metz (1872) und zum Oberpräsidenten der Provinz Hannover
(1873). In der Stellung zu Hannover hat derselbe fast unter gleich schwierigen
Verhältnissen wie in Metz gewirkt, dort, wie früher in Wiesbaden, viel zur
Aussöhnung der Gemüter mit den neuen Zuständen beigetragen und Achtung
und Verständnis für preußische Sinnesart und Tüchtigkeit verbreitet.
Am 31. März 1878 folgte Graf Eulenburg nach einer kurzen, von dem
Minister Friedenthal verwalteten Uebergangsperiode seinem Oheim Grafen Fritz
Eulenburg in der Leitung des Ministeriums des Innern.
Der Beginn der Thätigkeit des Grafen Eulenburg als Minister des Innern
fällt in die ernste Zeit der Mordversuche auf Kaiser Wilhelm, womit dem
Minister sich die schwere Aufgabe einer wirksamen, gegen die Gefahren der
Sozialdemokratie gerichteten Thätigkeit im Reich eröffnete.
Kurze Zeit nach dem Hödelschen Attentat — am 15. Mai 18781) —
begab sich Eulenburg zu Bismarck nach Friedrichsruh, um die Richtung zu
besprechen, welche der Staat zur Bekämpfung der durch die Sozialdemokratie
geschaffenen Gefahren einschlagen sollte. Als die Frucht dieser Besprechung kann
man die in seinem Ministerium ausgearbeitete erste Vorlage des Sozialisten-
gesetzes bezeichnen, welche dem Staat repressive und präventive Waffen in die
Hände legen sollte.
Graf Eulenburg trat demnächst?) als Bevollmächtigter Preußens zum
Bundesrat für diese Vorlage ein. Er wies damals auf die Notwendigkeit hin,
den Gefahren, die dem Staat und der Gesellschaft von der Sozialdemokratie
drohen, mit Entschlossenheit zu begegnen, und forderte den Reichstag dringend
auf, den geeigneten Zeitpunkt zur Bekämpfung der Sozialdemokratie nicht
vorübergehen zu lassen. Er legte dar, wie es der Gedanke des Gesetzes sei,
daß durch Unterdrückung der Ausschreitungen der Sozialdemokratie Raum
geschafft werden möge für die positiven Bestrebungen zum Wohle der arbeitenden
und ärmeren Klasse, daß es sich aber zunächst darum handeln müsse, den Miß-
brauch des Vereinsrechts und der Preßfreiheit durch Beschränkungen dieser
Freiheiten für die Sozialdemokratie entgegenzutreten, nicht aber das Maß freier
Bewegung, welches die bestehenden Gesetze gewähren, im ganzen einer Ein-
schränkung zu unterziehen. Der Reichstag sprach sich aber durch den Mund
der Hauptredner dahin aus, daß „auf dem Boden des für alle gleichen
Rechts“, nicht durch Ausnahmemaßregeln die Gefahren bekämpft und die Ord-
nung wiederhergestellt werden möge.
1) In Kohls Bismarck-Regesten nicht erwähnt.
2) Vgl. die Schrift „Unsere Minister“ S. 258 ff., der auch die zunächst folgenden
Ausführungen entnommen sind.