Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Dritter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1873-1878). (3)

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Abgeordnetenhaus zur Bewilligung der für die Armeereorganisation nötigen 
Mittel zu bewegen. 
Nach dem Rücktritt des Ministeriums der neuen Aera hielten die Nach- 
folger Schwerins — zunächst Jagow, dann Graf Fritz Eulenburg — es 
mit Rücksicht auf die Königlichen Zusagen nicht für angängig, die dem 
Landtag vorgelegten Gesetzentwürfe fallen zu lassen, während der Minister- 
präsident sich dieser Erbschaft je eher je lieber zu entledigen wünschte. „Ich 
habe nicht Lust, die alten Kleider Schwerins aufzutragen!" sagte Bismarck bei 
einer Beratung im Staatsministerium. Beide Minister des Innern lehnten 
Hobrechts Antrag auf Versetzung an eine Provinzialregierung ab, und Hobrecht 
behielt vorläufig die undankbare Aufgabe, als Referent im Staatsministerium 
und Regierungskommissar in der Kommission des Herrenhauses jene bei der 
veränderten Gesamtpolitik aussichtslosen Entwürfe zu vertreten. 
Schon im Herbst 1862 hatten einige Stadtverordnete Danzigs Hobrecht 
aufgefordert, sich um die dort vakant gewordene Oberbürgermeisterstelle zu 
bewerben; Hobrecht war dieser Aufforderung gefolgt, zog seine Kandidatur aber 
zu Gunsten Winters zurück. Anfang 1863 kam es in Breslau zur Wahl des 
ersten Bürgermeisters. Man war durch den Danziger Vorgang auf Hobrecht 
aufmerksam geworden; im März erfolgte seine Wahl durch die Stadtverordneten- 
versammlung. Die Nichtwiederwahl des trefflichen bisherigen Oberbürgermeisters, 
des strengkonservativen Ellwanger, wurde in Regierungskreisen mit großem 
Unmut aufgenommen, und die Bemühungen, der Wahl Hobrechts die Bestätigung 
zu versagen, fanden bei Bismarck, der Hobrecht gelegentlich seiner Verteidigung 
der Schwerinschen Entwürfe kennen gelernt, ein geneigtes Ohr. Die Entscheidung 
verzögerte sich bis in den August, erfolgte dann aber vornehmlich auf Andringen 
Eulenburgs, der Hobrecht persönlich zugethan war. Sehr bald nach seiner 
Einführung in das neue Amt kam Hobrecht in die Lage, an den politischen 
Aufgaben der Zeit mitwirken zu müssen. Die zwischen Preußen und Oesterreich 
zu stande gekommene Vereinbarung über gemeinsame Besetzung der Herzogtümer 
wurde bekannt; die Nachricht, daß in kurzem der Durchmarsch österreichischer 
Truppen durch Schlesien zu erwarten sei, erweckte in Breslau leidenschaftliche 
Aufregung. Eine Wiederholung der Demütigung von Olmütz schien bevorzu- 
stehen, wieder sollte Preußen Heerfolge leisten zu einem Werk der Unter- 
drückung. Der Antrag eines Stadtverordneten, beim Einmarsch österreichischer 
Truppen die Reiterstatue des alten Fritz am Ringe schwarz zu verhängen, war 
für die Stimmung bezeichnend. Hobrecht war vertraulich durch Eulenburg über 
Veranlassung und Absicht des Abkommens mit Oesterreich unterrichtet und 
dringend aufgefordert, Demonstrationen möglichst zu verhüten, die den Bundes- 
genossen verletzen müßten. Er teilte nicht die Besorgnis vor neuen Demütigungen, 
hielt jedenfalls, nachdem die Aktion begonnen, jeden Versuch der Einmischung 
für unzulässig und bemühte sich mit Erfolg, die beteiligten Kreise der Bürger-
	        
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