— 370 —
Abgeordnetenhaus zur Bewilligung der für die Armeereorganisation nötigen
Mittel zu bewegen.
Nach dem Rücktritt des Ministeriums der neuen Aera hielten die Nach-
folger Schwerins — zunächst Jagow, dann Graf Fritz Eulenburg — es
mit Rücksicht auf die Königlichen Zusagen nicht für angängig, die dem
Landtag vorgelegten Gesetzentwürfe fallen zu lassen, während der Minister-
präsident sich dieser Erbschaft je eher je lieber zu entledigen wünschte. „Ich
habe nicht Lust, die alten Kleider Schwerins aufzutragen!" sagte Bismarck bei
einer Beratung im Staatsministerium. Beide Minister des Innern lehnten
Hobrechts Antrag auf Versetzung an eine Provinzialregierung ab, und Hobrecht
behielt vorläufig die undankbare Aufgabe, als Referent im Staatsministerium
und Regierungskommissar in der Kommission des Herrenhauses jene bei der
veränderten Gesamtpolitik aussichtslosen Entwürfe zu vertreten.
Schon im Herbst 1862 hatten einige Stadtverordnete Danzigs Hobrecht
aufgefordert, sich um die dort vakant gewordene Oberbürgermeisterstelle zu
bewerben; Hobrecht war dieser Aufforderung gefolgt, zog seine Kandidatur aber
zu Gunsten Winters zurück. Anfang 1863 kam es in Breslau zur Wahl des
ersten Bürgermeisters. Man war durch den Danziger Vorgang auf Hobrecht
aufmerksam geworden; im März erfolgte seine Wahl durch die Stadtverordneten-
versammlung. Die Nichtwiederwahl des trefflichen bisherigen Oberbürgermeisters,
des strengkonservativen Ellwanger, wurde in Regierungskreisen mit großem
Unmut aufgenommen, und die Bemühungen, der Wahl Hobrechts die Bestätigung
zu versagen, fanden bei Bismarck, der Hobrecht gelegentlich seiner Verteidigung
der Schwerinschen Entwürfe kennen gelernt, ein geneigtes Ohr. Die Entscheidung
verzögerte sich bis in den August, erfolgte dann aber vornehmlich auf Andringen
Eulenburgs, der Hobrecht persönlich zugethan war. Sehr bald nach seiner
Einführung in das neue Amt kam Hobrecht in die Lage, an den politischen
Aufgaben der Zeit mitwirken zu müssen. Die zwischen Preußen und Oesterreich
zu stande gekommene Vereinbarung über gemeinsame Besetzung der Herzogtümer
wurde bekannt; die Nachricht, daß in kurzem der Durchmarsch österreichischer
Truppen durch Schlesien zu erwarten sei, erweckte in Breslau leidenschaftliche
Aufregung. Eine Wiederholung der Demütigung von Olmütz schien bevorzu-
stehen, wieder sollte Preußen Heerfolge leisten zu einem Werk der Unter-
drückung. Der Antrag eines Stadtverordneten, beim Einmarsch österreichischer
Truppen die Reiterstatue des alten Fritz am Ringe schwarz zu verhängen, war
für die Stimmung bezeichnend. Hobrecht war vertraulich durch Eulenburg über
Veranlassung und Absicht des Abkommens mit Oesterreich unterrichtet und
dringend aufgefordert, Demonstrationen möglichst zu verhüten, die den Bundes-
genossen verletzen müßten. Er teilte nicht die Besorgnis vor neuen Demütigungen,
hielt jedenfalls, nachdem die Aktion begonnen, jeden Versuch der Einmischung
für unzulässig und bemühte sich mit Erfolg, die beteiligten Kreise der Bürger-