Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Dritter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1873-1878). (3)

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Enquête veranlaßt werden; ebenso wurde eine Konferenz mit den Finanz- 
ministern der anderen Bundesstaaten behufs Vereinbarung eines gemeinsamen 
Programms in Aussicht genommen. 
Am Tage nach dieser Konferenz mit Bismarck erzählte Hobrecht dem 
Kabinetschef des Kanzlers, der Fürst habe auf seine (Hobrechts) Einwendung, 
daß er von den Finanzen eigentlich gar nichts verstehe, geantwortet: „Um so 
unbefangener werden Sie an die Geschäfte herantreten.“ 
So war Hobrecht Minister geworden.!) 
1) Ein humoristisch gehaltenes Interview des neu ernannten Ministers lautet: 
Ja, es ist mir gelungen, Seine Excellenz den Herrn Staats= und Finanzminister, 
der erst vor acht Tagen seinen Einzug hinter dem Kastanienwäldchen gehalten, zu inter- 
viewen. Den Zutritt verdanke ich der „Union“. „Sie brauchen keine andere Empfehlung," 
sagte mir Seine Excellenz im Laufe der Unterhaltung, als ich mich wegen der Dreistigkeit 
meines Besuches entschuldigte, „ich kenne Ihr Blatt sehr genau, Ihre kommunalen Artikel 
werde ich nie vergessen.“ 
Seine Excellenz empfängt des Morgens um 7 Uhr. Wie bürgerlich! Etwas zu 
früh für einen Residenzler. Seine Excellenz scheint nicht wie Ihre Vorgänger in die Nacht 
hinein arbeiten zu wollen. Sie denkt: Morgenstunde hat Gold im Munde, und da wir 
jetzt das Gold so notwendig brauchen, so darf Preußen sich zu der Lebensweise seines neuen 
Finanzministers nur herzlich gratuliren. Schon eine Viertelstunde vor sieben Uhr betrat 
ich das alte Hotel mit seinen mir wohlbekannten langen Korridors, wo einst die Rabe, die 
Patow, die Bodelschwingh, die v. d. Heydt, die Camphausen gewandelt, stieg die breite 
Treppe hinauf, die zu dem geräumigen Flur führte, wo sich die für unsere Finanzzustände 
und Finanzminister charakteristische Inschrift über dem Eingang zum Vorzimmer des 
Ministers findet: 
„Was frag' ich viel nach Geld und Gut, 
Wenn# ich zufrieden bin!“ 
Gellert. 
Während ich die Inschrift studirte, schlüpfte ein weibliches Wesen bei mir vorüber, 
um hinter einer Thür bald wieder zu verschwinden. Welcher ungewohnte Anblick in diesem 
Hotel! Neun volle Jahre hat in diesen Räumen kein weiblicher Fuß gewandelt. Der 
heilige Antonius in der ägyptischen Wüste hat solchen Fuß nicht scheuer von sich gewiesen 
als der Minister, der vor wenigen Tagen diese Räume verlassen. Das beilige Vestafeuer 
des Junggesellenlebens hat hier dreimal drei Jahre unausgelöscht gebrannt — aber 
erwärmt hat es das Hotel nicht. Es gebt jetzt ein wärmerer Hauch durch das Haus, 
seitdem „drinnen waltet die Hausfrau, und lehret die Mädchen, und wehret den Knaben.“ 
Ein frostiges Wesen herrschte ehemals hier, kalte, strenge Miene überall, vom Minister bis 
zum „Pförtner“ (um mit Adelung-Stephan zu sprechen). Es war mir gleich beim Eintritt 
ins Hotel die verwandelte Miene des mir aus früherer Zeit wohlbekannten Portiers auf- 
gefallen. Er rühmte mir die große Umwandlung, die seit dem Abgange des „Unnahbaren“ 
und dem Einzuge eines Familienvaters vor sich gegangen, und sagte mir: „Gehen Sie 
nur immer hinaus, jetzt giebt es wieder Zutritt zum Minister, und wenn Sie etwas Schrift- 
liches haben, wird es auch ohne Aktenzeichen gelesen.“ 
„Ihr Name?“ fragte mich der Diener, der im Vorzimmer Seiner Excellenz die An- 
meldungen und Einführungen besorgt, als ich in dasselbe eintrat. „Plötz am See, genannt 
v. Tiefschluckhausen.“
	        
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