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Wenige Wochen nach dem Eintritt Hobrechts in das Staatsministerium
fand das Attentat Hödels, ein paar Monate später das Attentat Nobilings
Das Vorzimmer wimmelte von weißen Krawatten und schwarzen Fracks. Wunderbar,
es waren lauter Berliner Stadträte und Stadtverordnete, alle sich noch die schlaftrunkenen
Augen reibend. Unsere Räte und Verordnete, das muß man wissen, arbeiten alle spät in
die Nacht hinein und ruhen daher gern am Morgen. Aber was wollen die alle hier?
Abschied nehmen oder ihren geliebten Chef zurückrufen? Oder bei ihm bleiben als die
künftigen Geheimen Finanzräte, Ministerialdirektoren und Unterstaatssekretäre? Die Stadt
würde sich bei dem Tausche nicht schlechter befinden. Philipp von Macedonien sagte zu
seinem Sohne Alexander: „Mein Sohn, suche Dir ein anderes Königreich, Macedonien ist
zu klein für Dich.“ Nichts begreiflicher, als daß für viele unserer Stadtverordneten und
Stadträte Berlin längst zu klein ist. Für ihre großen zivilisatorischen Projekte wird es
ihnen enge in der einzelnen Stadt. Sie wollen mehr Luft — sie suchen sich eine größere
Domäne für ihre gigantischen Pläne. Ein Staatsirrenhaus, eine Staatskanalisation und
Staatsschulden! Das klingt ganz anders und lohnt eher.
Inzwischen waren mehrere der weißen Krawatten und künftigen Gebeimen
Finanzräte beim Minister eingelassen und zurückgekehrt. Da hörte ich meinen Namen, und
ich trat ein.
Ich wurde auf das gnädigste empfangen. Ein hübscher Mann, der neue Finanz-
minister, schlank, blond, mit Schnur= und Kinnbart, beweglich. War der frühere Minister
der Typus der sieben fetten Kühe Pharaos, so fand ich jetzt den umgekehrten Typus.
„Sie sind von der Union?“
„Zu Befehl, Ercellenz.“
„Ich kenne das Blatt. Sie hätten beinah einst meine Milde verwirkt, habe ich
Ihnen das nicht sagen lassen?“"
„Zu Befehl, Excellenz, durch den Stadtrat-Reporter in der Voß'schen.“
„Doch habe ich niemals an Ihrer bona fides gezweifelt.“
„Ich weiß es vom Stadtrat-Syndikus.“
„Nun, was ist Ihr Begehr?“
„Excellenz, um es kurz zu sagen, die Augen von Millionen, ich meine nicht Mark,
sondern Menschen, sind auf Sie gerichtet, alle Welt möchte Ihr Glaubensbekenntnis
wissen. .
„Mein Glaubensbekenntnis? — Ich bin evangelisch.“
„Excellenz verzeihen, Ihr politisches, Ihr finanzielles Glaubensbekenntnis.“
„Haben Sie nicht draußen die Inschrift über meiner Thür gelesen?“
„Ja, aber damit ist doch nicht das Defizit zu decken.“
„Das Defizit? — Hm, Sie baben recht — doch nehmen wir uns erst eine Cigarre
— ich habe noch etwas Zeit und bin diesen Morgen noch nicht zum Rauchen ge-
kommen. Nehmen Sie nur; es ist dieselbe Sorte, die der Fürst raucht; ich habe
Vorrat . . .“
Bei diesen Worten öffnete der Minister eine Thür und zeigte auf einen Haufen
Cigarrenkisten, etwa zwanzig an der Zahl, zu je 1000 Stück. „Sehen Sie,“ fuhr er fort,
„für mein Leben habe ich genug; der Fürst und ich haben uns einen gleichen Vorrat
direkt aus der Havanna kommen lassen, nun kann die Steuer kommen und das
Monopol .. . Eine Nachsteuer gibt es nicht. Da haben Sie mein ganzes Glaubens-
bekenntnis.“
„Excellenz sind für das Monopol?“