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statt. Der Eindruck dieser Verbrechen auf die gesamte Nation veranlaßte oder
beschleunigte eine den Gang der inneren Politik für lange Zeit beherrschende
„Gewiß; sonst säße ich nicht hier und hieße nicht Excellenz. . . Ich bin überhaupt
für Monopol .. . Sie nicht?“
„Nur für moussirenden Monopol heute abend, bei Josua Engels in der Pots-
damerstraße, Artus' Tafelrunde .. Exrcellenz wollen verzeihen, wenn ich gleich noch eine
Frage an Sie richte, über die alle Welt sich den Kopf zerbricht. Zu welcher Partei
zählen Sie sich eigentlich. Zur Fortschritts-, zur nationalliberalen oder zur reaktionären
Partei?“
„Ich bin Fortschrittsmann sans phrase, aber — mit freikonservativer Nuan-
cirung.“
Es trat eine Pause in unserer Unterhaltung ein, in der jeder vom andern erwartete,
daß er das Wort nehme. Ich fing etwas verlegen an:
„Ew. Excellenz haben eine schöne, geräumige Wohnung.“
„Ja, es war auch hohe Zeit; ich hatte in der Potsdamer Straße zum 1. April
gekündigt und hatte bis acht Tage vorher noch nicht wieder gemietet, da wurde zufaällig
diese Wohnung vakant . . . Ohne sie war ich der Obdachlosigkeit nahe.“
„Darf ich fragen, auf wie lange Sie hier Kontrakt gemacht haben?“
„Nun, ich habe, um nur diese Wohnung zu bekommen, mir jede Bedingung gefallen
lassen müssen. Ich wohne auf vierundzwanzigstündige Kündigung.“
„Eine prekäre Existenz, Excellenz! Da spricht man noch von den gewöhnlichen
Berliner Mietskontrakten. Ihr Wirt macht es schlimmer.“
„Ich denke aber doch ein Jahr hier wohnen zu bleiben; der Landtag ist heim gegangen,
der Reichstag hat in dieser Session nichts mehr mit mir zu thun, dann kommt der Sommer,
da stehe ich fest; durch die Herbstsession des Landtags werde ich mich schon durchschlagen,
da gibt es keine so heikligen Fragen; in der nächsten Reichstagssession aber denke ich zu
fallen.“
„Haben Excellenz so wenig Vertrauen zu den Nationalliberalen?“
„Volles Vertrauen — aber mein Wirt!“
„Wohin denken Excellenz nach der Kündigung zu gehen? Vielleicht ebenfalls nach der
Schweiz?“
„Darüber bin ich mit meiner Frau noch nicht einig. Aber die Abschiedsrede an
meine Räte habe ich schon in der Tasche."“
„A propos, Räte, Excellenz. Werden Sie nicht von Ihren Herren Kollegen vom
Magistrate einige mit hinübernehmen ins Ministerium?“
„Gewiß, die beiden Arme, die mir haben die Finanzen der Stadt Berlin zur
gegenwärtigen Blüte treiben helfen, sollen an meiner Seite bleiben, um die Finanzen des
Staates denselben Aufschwung nehmen zu lassen. Mein rechter Arm, Runge, wird Unter-
staatssekretär; mein linker Arm, bisheriger Vizekämmerer Misch, Ministerialdirektor.“
„Haben Sie auch schon, Excellenz, an einen Vorstand des literarischen Bureaus für
das Finanzministerinm gedacht? Sie brauchen doch eine gute offiziöse Feder, ein „Reptil",
mit Erlaubnis zu sagen."
„Auch dafür ist schon gesorgt, das kommunale Reptil der „Voß'schen“ ist bereits für
den Staatsdienst engagirt.“
„Das ist ja herrlich, Excellenz, da werden wir Wunderdinge zu lesen bekommen,
wohlverdiente Hymnen auf die Staatsfinanzverwaltung, auf die Verwendung der 300 Mil-
lionen, die das Tabakmonopol abwirft, und welche Ew. Ercellenz ohne Zweifel in die