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würde derselbe trefflich geschlafen haben; indessen der Fürst hatte es bemerkt,
wie Hobrecht von einem Bette zum andern ging, trat heran und entdeckte nun
auch seinerseits den Mangel. Ob ein anderes Zimmer für den Minister be-
stimmt war, ob die Zurichtung versäumt war, bleibe dahingestellt. Genug, der
Fürst wollte nicht dulden, daß Hobrecht mit dem ungemachten Bett vorlieb
nahm; er rief den Kammerdiener; dann, als niemand kam, trat er auf den
Korridor, und Hobrecht hörte die Stimme des Telamoniers durch das stille
Haus dröhnen. Der Kammerdiener kam und verschwand wieder, um Hilfe zu
suchen; endlich erschien ein weibliches Wesen mit der nötigen Wäsche auf dem
linken Arm. Erst als alles in Ordnung war, nahm der Fürst freundlich
Abschied.
Der Oberförster war pünktlich und brauchte nicht auf den Finanzminister
zu warten. Die Fahrt ging in den südlich der Eisenbahn liegenden Teil der
Forsten. Das Wild stand in den lichten Stangen rudelweise, der Minister kam
mehrmals zu Schuß. Besonderes Vergnügen machte es ihm, als der Oberförster
einige dicht verschneite, höchst malerische Kieferschonungen durch ein paar herbei-
gerufene Holzschläger abtreiben ließ. Aus der einen brachen zwei Schweine,
von denen das zweite noch schußgerecht; Hobrecht feuerte und fand im Schnee
bald Schweißspuren, folgte mit dem Schweißhunde am Riemen und stieß nach
einigen hundert Schritten auf das schon verendete Schwein.
Um elf Uhr trafen die Schützen mit dem reich beladenen Wildschlitten (zwei
Spießer, zwei oder drei Damtiere und das Stück Schwarzwild) wieder vor
dem Schlosse ein, wo Fürst und Fürstin ihren Gast auf das gütigste begrüßten
und zum guten Erfolge beglückwünschten. Den Mittagszug durfte der Minister
nicht versäumen; der amtliche Zweck seiner Fahrt war nach Wunsch erledigt,
als Fürstliches Weihnachtsgeschenk wurde ihm das Schwarzwild zur Bahn ge-
bracht. Das Bild des gastlichen Schlosses im Sachsenwalde bewahrt der Minister
in dankbarer Erinnerung.
Mehrere Jahre später erzählte Herr v. Tiedemann dem Staatsminister
Hobrecht, der Fürst habe bald nach seiner Abreise von Friedrichöruh das Be-
dauern ausgesprochen, daß er nicht dazu gekommen sei, ihm bezüglich seiner
wirtschaftspolitischen Absichten etwas zu sagen, wie er sich vorgenommen. Dies
ist sehr wahrscheinlich. Denn das bekannte, hochbedeutsame Schreiben des
Reichskanzlers an den Bundesrat über die Notwendigkeit stärkeren Schutzes der
einheimischen Produktion datirt zwar vom 15. Dezember 1878; es war aber
noch nicht ausgegeben, sein Inhalt dem Finanzminister völlig fremd, als er
am 17. und 18. Dezember in Friedrichsruh war.
War es wirklich der Wunsch des Fürsten, damals über seine wirtschaft-
lichen Pläne und Entschlüsse mit dem Minister Hobrecht zu sprechen, wie der-
selbe es heute glaubt und worüber ein Zweifel nicht bestehen kann, so hat derselbe
die Vereitelung der Absicht am meisten zu beklagen. Er würde die überraschende