Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Dritter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1873-1878). (3)

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ließ sich von den ihm erteilten Instruktionen nur tragen, ohne Ehrgeiz, dieselben 
nach seinem Wunsch zu gestalten. Auch fehlte ihm die Rednergabe, so daß er 
weder im Bundesrat noch im Reichstag sich Geltung verschaffen konnte. 
Immerhin war Rudhart noch geschulter als Perglas, und man hat nicht 
gehört, daß Bismarck seinen Abgang von Berlin erstrebte, bevor die unglückliche 
Hamburger Zollanschlußdifferenz eintrat. Die Hauptfragen, welche den Bundesrat 
beim Eintritt Rudharts in denselben beschäftigten, waren die wirtschaftlichen, 
die Umgestaltung des Zolltarifs einschließlich der Steuerreform. Rudhart war 
wohl wie die Mehrzahl der bayerischen Beamten der älteren Schucle, soweit sie 
nicht eigene Anschauungen sich hatten bilden können, von Hause aus Frei- 
händler; er maßte sich aber nicht an, hier eigene Politik treiben zu wollen, 
vielmehr entledigte er sich gewissenhaft der ihm auf diesem Gebiete von München 
aus zugegangenen Instruktionen; diese waren als gemäßigt schutzzöllnerisch zu 
bezeichnen, wenn sie auch nicht so weit gingen, als Bismarck gewünscht hätte. 
So erinnere ich mich noch genau eines Gesprächs, das Bismarck im Sommer 
1879 bei Tische in Kissingen mit mir führte, wo er, nach einem Hinweis auf 
den Waldreichtum Bayerns, es beklagend konstatirte, daß die bayerische Re- 
gierung in Bezug auf den Holzzoll nicht so weit gegangen sei, als er es für 
wünschenswert erachtet hatte. 
Das gesellschaftliche Verhältnis zwischen Bismarck und Rudhart ließ bis 
1880 nichts zu wünschen übrig; es wurde ihm erleichtert durch Frau von 
Rudhart, 1) welche auch mit der Fürstin Bismarck auf gutem Fuße stand. 
Die Wirksamkeit Rudharts im Bundesrat dauerte nur drei Jahre. Es 
wurde derselben ein jähes Ende bereitet durch seine Haltung in der Hamburger 
Zollanschlußfrage. Der Hergang ist kurz folgender: Der von Bismarck am 
19. April 1880 in den Bundesrat eingebrachte Antrag Preußens, betreffend die 
Einverleibung der Stadt Altona und eines Teiles der Hamburgischen Vorstadt 
St. Pauli in das Zollgebiet, hatte den Senat von Hamburg veranlaßt, einen 
Gegenantrag zu stellen, welcher bezweckte, die von Bismarck beantragte Maßregel 
ohne Hamburgs Zustimmung als unzulässig zu erklären. Hamburg legte Wert 
darauf, seinen Antrag zunächst von dem Bundesratsausschusse für die Verfassung 
geprüft zu sehen, weil es hoffte, in der Rechtsfrage recht zu bekommen und 
dadurch für die Verwaltungsfrage gewissermaßen eine Reservatstellung zu ge- 
winnen. Am Schlusse der Bundesratssitzung bildete die geschäftliche Behandlung 
des Antrags Hamburgs den Gegenstand einer rein privaten Aussprache unter 
den im Sitzungszimmer zurückgebliebenen Bundesratsbevollmächtigten. Die ge- 
dachte Sitzung hatte übrigens, da der Reichstag versammelt war, in den Räumen 
1) Rudhart vermählte sich am 12. Sept. 1877 mit Frau Viktorine v. Putzlacher, 
geb. v. Bosari, Witwe des in der Schlacht von Solferino gefallenen k. k. österreichischen 
Hauptmanns Gustav Edler v. Putzlacher.
	        
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