Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Dritter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1873-1878). (3)

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läßt mich annehmen, daß sie ihrer Sache schon ziemlich sicher zu sein glaubt. 
Wo soll da das Vertrauen herkommen?“ 
* 
Berlin, den 4. Dezember 1877. 
An Frau Wanda v. Koethe. 
„Gestern und vorgestern habe ich bis zum Mittagessen nicht eine ruhige 
halbe Stunde für mich gehabt und in den nächsten Tagen wird es kaum 
anders sein. Die Verhandlungen über die Rechtsanwaltsordnung nehmen indes 
doch einen rascheren Verlauf, als ich erwartete, und wenn es ebenso geht wie 
gestern, so hoffe ich bestimmt Freitag abreisen zu können.“ 
Friedrichsroda, den 11. Juni 1878. 
An Frau Wanda v. Koethe. 
„Es freut mich, Dir bestätigen zu können, — in den Zeitungen wirst 
Du es nun wohl schon gelesen haben — daß der Kongreß der Sozialdemo— 
kraten nicht in Gotha abgehalten wird. Mit Hilfe einer allerdings etwas 
gewagten Interpretation der betreffenden Bestimmung unseres Staatsgrund- 
gesetzes habe ich mich für berechtigt gehalten, das Verbot ergehen zu lassen 
Für mich bedurfte es dazu des zweiten nichtswürdigen Mordversuchs nicht, ich 
hatte an dem ersten genug und habe dem sogenannten Sezialistengesetz aus 
vollster Ueberzeugung zugestimmt, wenn ich ihm auch vielleicht in Einzelheiten 
einen etwas anderen Inhalt gewünscht hätte. Ob die Vorlage desselben 1) zu 
der Zeit, wo sie erfolgte, ein politischer Fehler war, mag etwas zweifelhafter 
sein; ich würde für meine Person dieser Auffassung selbst dann nicht beipflichten, 
wenn man die Ablehnung seitens des Reichstages mit voller Sicherheit hätte 
voraussehen können, da die Regierung meiner Ansicht nach es sich selbst schuldig 
war, die Verantwortlichkeit für ein längeres Laissez-faire und die daraus 
entstehenden Folgen unter allen Umständen von sich abzulehnen. Die Herren 
Nationalliberalen scheinen ja jetzt auch schon selbst zu fühlen, welch schwere 
Verantwortung sie mit der Ablehnung der Vorlage auf sich genommen haben, 
sonst hätten sich die Herren Wehrenpfennig und Genossen schwerlich zu der 
öffentlichen Erklärung herbeigelassen, daß ihnen das zweite Attentat die Augen 
geöffnet und sie nunmehr einer ähnlichen Vorlage ihren Beifall nicht versagen 
würden. Ich bin deshalb auch sehr im Zweifel, ob der eigentliche Grund, 
der Bismarck bestimmte, die Auflösung des Reichstags zu beantragen, wirklich 
— wie die Motive es aussprechen — in der Befürchtung besteht, daß mit 
1) Gemeint ist das dem Reichstag am 20. Mai 1878 vorgelegte Sozialistengesetz, 
also der erste, im Reichstag abgelehnte Entwurf.
	        
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