Schon der Umstand, daß Freiherr v. Berlepsch nur selten nach Berlin kam
und dann immer nur kurze Zeit an den Bundesratsverhandlungen teilnahm,
erklärt, daß die geschäftlichen Beziehungen desselben zu dem Fürsten Bismarck
sich nicht enge gestalten konnten. Auch der gesellige Verkehr des schwarz-
burgischen Ministers im Reichskanzler-Palais war nur ein seltener. Wenn er
sich dabei der liebenswürdigsten Aufnahme seitens Bismarcks und der Fürst-
lichen Familie freuen durfte, so dankte Berlepsch dies wohl seiner Freundschaft
mit dem Chef der Reichskanzlei, Geheimrat Dr. v. Rottenburg und der Bekannt-
schaft mit Graf Rantzau und den Söhnen des Fürsten, die zum Teil auf die
Universitätszeit resp. das Kartellcorps zurückzuführen war.
Bei dem Ausscheiden des kleinstaatlichen Ministers richtete Bismarck an
denselben das nachstehende Schreiben: 1)
Friedrichsruh, den 27. Oktober 1880.
An den Fürstl. schwarzburgischen Staatsminister a. D. Herrn Freiherrn
v. Berlepsch Excellenz.
„Eurer Excellenz gefälliges Schreiben vom 22. Juli d. J., in welchem
Sie mir von Ihrem Ausscheiden aus dem Fürstlich schwarzburgischen Staats-
dienste und zugleich von Ihrem dadurch bedingten Ausscheiden aus dem
Bundesrat Mitteilung machen, ist mir infolge meiner damaligen Abwesenheit
erst jetzt im amtlichen Geschäftsgang zu Händen gelangt und gibt mir Ver-
anlassung, Ihnen meinen verbindlichsten Dank für die in demselben ausgedrückte
freundliche Gesinnung und zugleich mein lebhaftes Bedauern darüber auszu-
sprechen, daß ich Ihre Beteiligung an den Arbeiten des Bundesrats fernerhin
zu entbehren haben werde. Ich gebe deshalb die Hoffnung aber nicht auf,
Ihnen in Zukunft wieder auf dem Wege gemeinsamer amtlicher Thätigkeit zu
begegnen.
v. Bismarck."
In seiner späteren Stellung als Regierungspräsident in Düsseldorf trat
Bismarck zu demselben nur einmal in direkte Beziehung durch den in seiner
Eigenschaft als Handelsminister ergangenen Erlaß vom 10. März 1885,
betreffend die zu Gunsten der Halbseidenindustrie beantragte Maßregel der
admission temporaire des files de coton, abgedruckt in meinem Werke:
„Fürst Bismarck als Volkswirt“, Bd. III S. 82).
Bei seinem Abschiede von Düsseldorf (Ende Oktober 1889), kurz nach
seiner Ernennung zum Oberpräsidenten der Rheinprovinz, hielt Herr v. Berlepsch
1) In Kohls Bismarck-Regesten unerwähnt. Dasselbe war lediglich ein Höflichkeits-
akt, den Freiherr v. Berlepsch voraussichtlich auch seinem Freunde Dr. v. Rottenburg
verdankte; denn es war nicht üblich, daß Bismarck an die ausscheidenden Mitglieder des
Bundesrats schriftliche Kundgebungen richtete. Die Verabschiedung erfolgte in der Regel
durch Kartenwechsel, bei Näherstehenden durch Zuziehung zur Familientafel.