Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Dritter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1873-1878). (3)

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führung des § 108 der Gewerbeordnung Bestimmungen über die Errichtung 
von Gewerbegerichten und über das Verfahren vor denselben. 1) 
In den zustehenden Ausschüssen des Bundesrats wurden beide Vorlagen 
im wesentlichen unverändert angenommen. Ein Antrag Sachsens, der Vorlage 
einen Zusatz hinsichtlich der Beschränkung des Schankgewerbes zu geben, wurde 
auf die Erklärung seitens des Reichskanzler-Amts abgelehnt, daß man beabsichtige, 
darüber eine besondere Vorlage einzubringen. Es fehlte ferner nicht an 
Stimmen, welche eine umfassendere Revision der Gewerbeordnung als wünschens- 
wert bezeichneten. 
Auch der Bundesrat erteilte in der Sitzung vom 18. Februar 1878 beiden 
Entwürfen seine Genehmigung. 
Bei der Abstimmung stimmte der Bevollmächtigte für Hamburg gegen 
den Gesetzentwurf über die Gewerbegerichte in der beschlossenen Fassung, und 
der mecklenburgische Bevollmächtigte gab zum Schluß der Anschauung seiner 
Regierung dahin Ausdruck, daß es derselben wünschenswert gewesen wäre, die 
vielfach empfundenen Uebelstände, welche nur durch eine Revision der Gewerbe- 
ordnung geheilt werden könnten, vollständiger berücksichtigt zu sehen, als es 
durch die beiden Gesetzentwürfe geschehe. Insbesondere glaubte derselbe betonen 
zu sollen, daß die Gewerbeordnung nur eine ungenügende Fürsorge für die 
technische Ausbildung der Gewerbetreibenden getroffen habe, und daß eine Heilung 
der hieraus für die Tüchtigkeit der Leistungen im Bereiche des Handwerks- 
betriebes hervorgehenden Uebelstände nur erwartet werden könne, wenn das 
Prinzip der Gewerbefreiheit auf den Betrieb des Gewerbes und das Halten 
von Arbeitsgehülfen beschränkt, das Recht zur Ausbildung von Lehrlingen aber 
denen vorbehalten werde, welche einen bezüglichen Befähigungsnachweis abgelegt 
haben und deshalb als Meister bezeichnet werden können. Würde die Not- 
wendigkeit einer Reform der Gewerbeordnung in dem bezeichneten Sinne zur 
Anerkennung gelangen, so dürften die noch erhalten gebliebenen Innungen als 
geeignete Organe für die Ablegung derartiger Befähigungsnachweise und für 
eine Beaufsichtigung der Lehrlinge benutzt werden. Hierfür aber erscheine es 
als ein dringendes Erfordernis, daß die den Fortbestand der Innungen be- 
drohende und durch das Prinzip der Gewerbefreiheit nicht motivirte Bestimmung 
in § 84 der Gewerbeordnung, nach welcher für den Zweck des Eintritts in 
eine Innung die Ablegung einer Prüfung von demjenigen ' nicht gefordert werden 
könne, welcher das betreffende Gewerbe mindestens seit einem Jahre selbständig 
ausübt, aufgehoben werde. 
Der Gesetzentwurf wegen der Gewerbegerichte fand die Zustimmung des 
Reichstags nicht. Günstig gestaltete sich dafür daselbst das Schicksal des anderen, 
1) Das Nähere s. bei Bödiker: „Das Gewerberecht des Deutschen Reichs“, Berlin 
1883, S. 36.
	        
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