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und das Erbrecht waren in erfreulichster Weise vorgeschritten. „Es unterliegt
keinem Zweifel,“ so schloß der Bericht, „daß durch die neuen, mit der größten
Gründlichkeit gepflogenen Beratungen und durch die auf Grund derselben ge-
faßten Beschlüsse die Ausarbeitung der Teilentwürfe erleichtert und zugleich für
die demnächstige Durchberatung dieser Entwürfe und für die Feststellung des
Hauptentwurfs eine beträchtliche Ersparung von Mühe und Zeit gesichert ist.“
Rechtsanwaltsordnung. Ueber die Vorlage des Reichskanzlers,
betreffend die Anwaltsordnung, welche derselbe infolge des Beschlusses des
Bundesrats vom 27. April 1876 demselben im Oktober 1877 vorlegte,)
beschloß der Justizausschuß des Bundesrats an das Plenum nur mündlich zu
berichten. Er beantragte, der Vorlage mit einer Reihe von Modifikationen
die Genehmigung zu erteilen. 2) In der Plenarsitzung vom 20. Dezember 1877
brachte Bayern eine Reihe von Anträgen ein, welche mehr oder weniger ab-
gelehnt wurden. Auch Hamburg und der Referent, der braunschweigische Bevoll-
mächtigte Wirkliche Geheime Rat v. Liebe, wünschten mehrfache Veränderungen,
welche gleichfalls nicht die Zustimmung erlangten. Die übrigen Bestimmungen
wurden mit den vom Ausschusse beantragten Aenderungen angenommen. Ueber
folgende Anträge Bayerns wurde die Abstimmung noch vorbehalten: „Gegen
die Urteile des Ehrengerichts ist die Berufung an das Oberlandesgericht zu-
lässig. — Gegen Urteile, welche von dem Ehrengericht der Anwaltskammer
erlassen werden, findet die Berufung an das Reichsgericht und das Verfahren
hierüber vor dem ersten Strafsenate des Reichsgerichts statt. Die Verrich-
tungen der Staatsanwaltschaft werden von der Staatsanwaltschaft bei dem
Oberlandesgerichte, eventuell von der Staatsanwaltschaft bei dem Reichs-
gerichte wahrgenommen.“ Ferner wurde auf Antrag Hamburgs folgende Be-
stimmung angenommen: „Das Reichsgericht kann aus besonderen Gründen
einem bei demselben nicht zugelassenen Rechtsanwalte gestatten, in der münd-
lichen Verhandlung die Rechtsverteidigung zu führen.“ In der Bundesrats-
sitzung vom 7. Januar 1878 wurde der noch vorbehaltene Antrag Bayerns
zur Rechtsanwaltsordnung abgelehnt und der Entwurf nach den Ausschuß-
anträgen angenommen. In der Sitzung des Bundesrats vom 21. Junie
1878 wurde die Rechtsanwaltsordnung nach den Beschlüssen des Reichstags
angenommen.
Rechtsanwaltsordnung vom 1. Juli 1878 (Reichs-Gesetzbl. S. 177).
Gefängnisgesetz. Der seitens des Bundesrats dem Reichskanzler-
Amt überwiesene Beschluß des Reichstags vom 29. Januar 1875, den Reichs-
kanzler aufzufordern, in Gemäßheit des Art. 4 Nr. 13 der Reichsverfassung
1) Inhalt in der „Nat.-Ztg.“ Nr. 510 v. 31. 10. 77.
2) Man findet dieselben vollzählig verzeichnet in der „Nat.-Ztg.“ Nr. 579 v. 10. 12. 77.