Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Dritter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1873-1878). (3)

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Mitglieder des Bundesrats ersuchen ihren Herrn Vorsitzenden, den ehr- 
erbietigsten Ausdruck ihrer Gefühle und Wünsche zur Allerhöchsten Kenntnis 
Seiner Majestät des Kaisers bringen zu wollen."“ 
Der Vorsitzende gab sodann Kenntnis von dem Allerhöchsten Erlaß Seiner 
Majestät des Kaisers vom 4. Juni, betreffend die Uebertragung der Stell- 
vertretung in den Regierungsgeschäften auf Seine Kaiserliche und Königliche 
Hoheit den Kronprinzen des Deutschen Reichs und von Preußen, sowie von 
dem Erlaß Seiner Kaiserlichen und Königlichen Hoheit des Kronprinzen vom 
5. Juni wegen Uebernahme dieser Stellvertretung. 
Der zuvor erwähnte Antrag Preußens wegen Auflösung des Reichstags 
lautete: 
Berlin, den 6. Juni 1878. 
Die Erkenntnis der Gefahren, von welchen Staat und Gesellschaft durch 
das Umsichgreifen einer jedes sittliche und rechtliche Gebot verachtenden Ge- 
sinnung bedroht sind, hatte die verbündeten Regierungen bewogen, aus Anlaß 
des am 11. v. M. gegen Seine Majestät den Kaiser verübten Attentats dem 
Reichstag den Entwurf eines Gesetzes zur Abwehr sozialdemokratischer Aus- 
schreitungen vorzulegen. Der Reichstag hat diese Vorlage abgelehnt. 
Inzwischen ist durch ein weiteres ruchloses Verbrechen gegen Seine Majestät 
den Kaiser von neuem der erschütternde Beweis geliefert worden, wie weit jene 
Gesinnungen bereits um sich gegriffen haben, und wie leicht sie sich bis zu 
mörderischen Thaten steigern. 
Von neuem und mit erhöhtem Ernst tritt deshalb an die Regierungen 
die Frage heran: welche Maßregeln zum Schutze von Staat und Gesellschaft 
zu ergreifen sind. 
Angesichts des Attentats vom 2. d. M. wird die Verantwortlichkeit der 
verbündeten Regierungen für die Aufrechterhaltung der Rechtsordnung durch die 
geschehene Einbringung des vorhin erwähnten Gesetzentwurfs bei dem Reichstag 
nicht mehr gedeckt sein. Die Königlich preußische Regierung wenigstens ist der 
Ansicht, daß es nötig sei, den Weg der Gesetzgebung in der durch jene Vorlage 
bezeichneten Richtung schon jetzt weiter zu verfolgen. 
Nach der Stellung indessen, welche die Mehrheit des Reichstags zu dem 
erwähnten Gesetzentwurf eingenommen hat, läßt sich nicht darauf rechnen, daß 
die wiederholte Vorlage desselben oder eines auf gleicher Grundlage ruhenden 
Entwurfs kurze Zeit nach der ersten Ablehnung bei ganz derselben Zusammen- 
setzung des Reichstags einen besseren Erfolg erzielen werde. 
Unter diesen Umständen erscheint es ratsam, durch Auflösung des Reichs- 
tags Neuwahlen herbeizuführen. 
Die Königlich preußische Regierung glaubt diese Maßregel um so mehr 
befürworten zu sollen, als sie gegen die Richtung, in welcher ihr von Rednern 
des Reichstags eine eventuelle Unterstützung bei künftigen Vorlagen in Aussicht
	        
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