Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Dritter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1873-1878). (3)

— 454 — 
Bevollmächtigten, die Untersuchung auch auf die übrigen, in dem mitgeteilten 
Beschlusse nicht berücksichtigten Zweige der Textilindustrie oder doch eventuell 
auf die Wollindustrie auszudehnen, fand nicht die Zustimmung der Majorität 
der Versammlung. 
In der Bundesratssitzung vom 4. Juli 1878 wurden die Vorschläge für 
die Ernennung von Mitgliedern der Enquêtekommission für Leinen= und Baum- 
wollenindustrie angenommen. 1) 
Wiedereinführung der Eisenzölle. Schutzzöllnerische Organe 
hatten im April 1878 die Nachricht verbreitet, daß sich der Bundesrat mit einer 
Vorlage, betreffend die Wiedereinführung der Eisenzölle, beschäftige. Diese An- 
nahme traf nun zwar nicht zu. Nichtsdestoweniger hegte man in parlamen- 
tarischen Kreisen vielfach die Ueberzeugung, daß die Wiedereinführung der 
Eisenzölle in der Absicht des Fürsten Bismarck liege. 
Deutsch-österreichischer Handelsvertrag. Schon im August 1876 
hatte Fürst Bismarck in Voraussicht der Kündigung des österreichischen Handels- 
vertrags vom 9. März 1868 die Bundesregierungen um Mitteilung derjenigen 
Anträge ersucht, welche sie bei Erneuerung des Vertrags berücksichtigt zu sehen 
wünschten. 2) Die kommissarischen Verhandlungen, welche zum Zwecke des Ab- 
schlusses eines neuen Handelsvertrags vom 16. April bis 22. Oktober 1877 
währten, endeten, ohne daß eine Verständigung darüber erzielt worden wäre. 
Fürst Bismarck nahm an den Verhandlungen den lebhaftesten Anteil, und er 
war es, der im Benehmen mit den Staatsministern Hofmann, Camphausen 
und Achenbach die Instruktionen für die nach Wien entsandten deutschen 
Kommissare erteilte. 3) 
Der Bundesrat wurde mit den Vertragsverhandlungen in diesem Stadium 
nur insoweit beschäftigt, als ihm respektive den Ausschüssen verschiedene aus 
Anlaß der Verhandlungen mit Oesterreich an den Bundesrat gerichtete Eingaben 
über Tariffragen überwiesen worden waren. 
Von seiten Bismarcks wurde der Bundesrat mit dem Handelsvertrag zuerst 
befaßt durch eine ihm am 8. Februar 1878 unterbreitete Denkschrift, welche 
sich über die Lage der deutscherseits vor drei Monaten abgebrochenen Verhand- 
1) Als Mitglieder der Kommission wurden vom Bundesrat erwählt: Unterstaats- 
sekretär Herzog als Vorsitzender, Geh. Regierungsrat Dr. Stüve, Regierungsrat Hegel- 
maier, sächs. Geheimer Rat Böttcher, Geheimer Kommerzienrat Heimendahl, Kommerzienrat 
Dr. Websky, Direktor Haesler, Fabrikant Jean Schlumberger und ein von dem Senat 
in Hamburg zu bezeichnender, mit den Verhältnissen des Baumwollenhandels vertrauter 
Sachverständiger. 
2) In Kohls Bismarck-Regesten findet sich das obige Datum nicht erwähnt. 
3) „Nordd. Allg. Ztg.“ Nr. 156 v. 6. 7. 77.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.