Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Dritter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1873-1878). (3)

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die Ansichten der Herren, namentlich über Landabtretungen, zu hören. Natürlich 
sprachen sich alle dafür aus — die Grenzen blieben wohlweislich nur in all- 
gemeinen Sätzen über militärische Sicherheit umschrieben — und nun entwickelte 
Bismarck den lange gehegten Vorsatz seines Königs, seine sämtlichen hohen 
Verbündeten zum Friedensschluß und zur Besiegelung der bis dahin etwa unter 
den Ministern getroffenen Vereinbarungen über die deutsche Verfassungsfrage 
hierher einzuladen. Da alle, mit Ausnahme von Bayerns Ludwig, schon mehr 
oder minder bestimmt zugesagt hatten, könnte wohl die ganze Scene nur den 
Zweck gehabt haben, auf diesen einen sanften Druck auszuüben.“ 
Versailles, 11. November 1870. 
„Bismarck, dessen neuliche feierliche Beratungsscene mit uns, wie ich gleich 
vermutete und wie der Erfolg bestätigte, durchaus nicht den aussichtslosen Ver- 
handlungen mit Thiers galt, sondern wohl nur ein Mittel abgeben sollte, um 
den Bayernkönig zum Hierherkommen zu nötigen, hält, obgleich dies nach 
Münchener Nachrichten aussichtslos scheint, doch an der Hoffnung fest, Bayern 
ohne wirkliche materielle Konzessionen hereinzuziehen. Uebrigens will er nach 
einer Aeußerung an den Großherzog jedenfalls, d. h. auch wenn Bayern vorerst 
nicht mitthut, Kaiser und Reich machen. Er ist ein wirklich höchst merkwürdiger 
Mann, um so anziehender, je öfter man ihn sieht. Seine neulichen Auseinander- 
setzungen waren ein Meisterstück von liebenswürdiger Lebendigkeit und Offenheit, 
und diese anscheinend ganz naive, aber, wie mir scheint, doch sehr berechnete 
Offenheit, ist sein Hauptmittel, um sich nicht in die Karten sehen zu lassen, 
indem er mit höchster Unschuld alles mögliche ausplaudert und nur das Ent- 
scheidende verschweigt oder unter anderem unkenntlich macht."“ 
*# 
Versailles, 18. November 1870. 
„Am Dienstag den 15. haben wir also, wie ich Dir schon voraus anzeigte, 
und wie Du mittlerweile aus der „Karlsruher Zeitung“ als vollendete That- 
sache erfahren haben wirst, die Vereinbarung über unseren und Hessens Zutritt 
zu dem einstweilen in den „Deutschen Bund“ umgetauften Norddeutschen Bund 
unterschrieben und untersiegelt. Ich hatte mir den Augenblick, in welchem dieses 
seit Jahren von mir mit so mancher Mühe erstrebte Ziel erreicht sei, brillanter 
gedacht, als er in Wirklichkeit war; er war mir nämlich infolge meines alten 
mit ziemlicher Heftigkeit aufgetretenen Uebels nichts weniger als reizend, und 
ich hatte stets nur den einen Wunsch im Kopf, ich wollte, es wäre vorüber. 
Und als wir nach dreistündiger ermüdender Diskussion über allerlei Nebenfragen 
endlich zu Bismarck zur Unterschrift kamen, klagte auch er über Unwohlsein: seine 
Galle sei ruinirt, und so schlage ihm jeder Aerger auf den Magen. Schließlich 
zogen wir aber doch froh des erreichten Ziels nach Hause.“ 
*
	        
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