Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Dritter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1873-1878). (3)

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Sieger, sondern der Besiegte hat nachzugeben. Es ist doch ein ganz eminenter 
Mensch, der trotz manchem wunderlich Bizarren doch, als echtes Genie, bei aller 
Kraft innerlich maßvoll ist. Die stundenlangen Debatten bewegten sich zunächst 
um die Grenze bei Belfort — ohne Erfolg für die Franzosen. Dann um die 
Modalitäten der Zahlung der Kriegsentschädigung — noch nicht erledigt. Dann 
um die zu besetzenden Teile von Paris — vergeblich für die Franzosen. Ferner 
die Art der allmälichen Räumung der besetzten Gebiete — nach unendlichem 
Hin- und Herreden eine von Thiers vorgeschlagene neue Wortfassung, die 
sachlich mit dem Vorschlag Bismarcks vollkommen übereinstimmt. Endlich die 
Verpflegung der Occupationstruppen — dabei wurde ohne Resultat abgebrochen, 
und heute soll fortgefahren werden.“ 
Fortgesetzt am 27. II. 
„Nach der langen Diskussion am Samstag Nachmittag nahmen wir am 
Diner im Bundeskanzler-Amt teil, die Franzosen hatten gedankt. Die Unter- 
haltung war im höchsten Grade interessant, die verschiedensten Richtungen und 
Wünsche äußerten sich: das brutalste Borussentum, vertreten durch den zufällig 
anwesenden Grafen Renard, das heroische Selbstgefühl des Bankier Bleichröder 
mit einer unvergleichlichen Judenphysiognomie, die ruhige Geschäftsbetrachtung 
des klugen Geheimrats Scheydtmann und anderer, die weltmännische Feinheit 
des Grafen Henckel und vor allem die liebenswürdige Größe Bismarcks. Nach 
Tisch sollte die Konferenz fortgesetzt werden, es kam aber nicht dazu, indem 
die Finanzfachmänner nicht die von ihnen verlangten Vorschläge machen konnten; 
Rothschild behauptete, es seien ihm von Thiers nicht genügende Unterlagen 
angegeben. Bismarck hatte darüber noch, wie er uns gestern erzählte, eine 
kleine Privatscene mit Thiers, schließlich kam aber nichts anderes heraus als 
die Verabredung, Sonntags 11 Uhr wieder zusammen zu kommen. Die Scene 
im Versammlungssaal im Bundeskanzler-Amt, in welchem sich die ganze oben 
beschriebene Gesellschaft mit den Räten und Attachés des Kanzlers zwanglos 
herumbewegte, noch bereichert durch Hinzutritt des über einzelne Punkte zu Rai 
gezogenen Generals v. Stosch, eines äußerst besonnenen, festen Mannes, dann 
des Barons Rothschild und endlich auch von Thiers und Favre, ist das Gran- 
dioseste, was die Phantasie eines Dichters ersinnen, der Pinsel des genialsten 
Malers darstellen könnte. Letzterer müßte sich als Mittelpunkt den Augenblick 
wählen, wie Rothschild, ein kleines, schmächtiges Männchen mit schlotternden 
Knieen, vor dem etwas gereizten Bismarck steht, der, ärgerlich, daß die Sache 
nicht fertig wird, mit lauter Stimme und trotz Hexenschuß hoch aufsgerichtet 
erklärt: „Wenn der Herr Baron keine Neigung hat, die gewünschten Vorschläge 
zu machen, müssen wir sehen, wie wir sonst fertig werden." Stammelnde 
Antwort: „Excellenz, ich bin geneigt.“ Mein bayerischer Kollege war sehr ängst- 
lich, die Sache könne scheitern; die wildesten Borussen fingen an zu hoffen, sie
	        
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