Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Dritter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1873-1878). (3)

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größeren Staaten schien ihm verfehlt, weil er meinte, diese würden sich berufen 
glauben, das Recht ihrer Heimat zu verteidigen, und daher schwer einigen. Die 
sogleich sichtbare Gründlichkeit der Kommission und die augenfällige Gleich— 
giltigkeit Bismarcks gegen die Sache erfüllten ihn mit der Sorge, der Entwurf 
werde erst nach dem Abgang dieses Staatsmanns unter einem weniger mäch- 
tigen Reichskanzler zu stande kommen, der den partikularistischen Widerstand 
gegen das Gesetzbuch nicht werde überwinden können. Er erwog sogar schon 
die Behandlung des neuen Rechts auf den Universitäten und fürchtete, die 
Professoren würden ihm nicht den gebührenden Rang einräumen wollen und 
dadurch die Regierungen zu einem Eingreifen nötigen, das die Wissenschaftlichkeit 
des Unterrichts gefährden könne. 
Als Referent des Bundesrats hatte er sich mit dem Antrag des Reichs- 
tags auf Gewährung von Diäten an seine Mitglieder zu befassen. Er hielt 
dem Verlangen entgegen, daß die Versagung von Diäten das einzige Gegen- 
gewicht gegen das allgemeine Wahlrecht und das einzige Unterhandlungsmittel 
sei, um in Zukunft einmal zu einem besseren Wahlsystem zu gelangen. Die 
Gewährung von Reiseentschädigungen hielt er — im Gegensatz zu freier Eisen- 
bahnfahrt — für ein Entgegenkommen gegen den Antrag auf Tagegelder, das 
deren Bewilligung nach sich ziehen müsse. 1) 
Minister der auswärtigen Angelegenheiten v. Freydorf 
gehörte in den beiden ersten, in diesem Bande behandelten Sessionen (bis 1876) 
dem Bundesrat an, und zwar nicht bloß nominell, sondern aktiv; denn ihm 
lag daran, das Referat über einen Teil der Justizgesetze, das er übernommen 
hatte, im Bundesrat und im Reichstag selbst zu vertreten, und auch sonst mit 
der Reichsregierung in Fühlung zu bleiben. Mit Bismarck stand Freydorf auf 
dem besten Fuße, Delbrück war er weniger sympathisch; dies beruhte aber 
sicherlich auf Gegenseitigkeit, ihre Naturen waren zu verschieden. Freydorf war 
durch und durch poetisch angelegt, Delbrück war der kalte Verstandesmensch, der sich 
nur bei den Akten und Staatsgeschäften glücklich schätzte und für das, was 
Freydorf noch nebenbei schätzte, absolut kein Verständnis hatte. Wenn Freydorf 
1) Aus dem Werke über Jolly erfahren wir noch, daß sich Bismarck seinerzeit von 
der badischen Regierung eine Darstellung ihrer kirchenpolitischen Bestimmungen und Er- 
sahrungen erbat, um dieselben bei der preußischen Kulturkampfgesetzgebung benützen zu 
können, und daß Jolly im Gegensatz zu dem Handelsminister Turban und der Mehrheit 
der badischen Politiker ein Freund des Bismarckschen Gedankens war, die Verwaltung der 
deutschen Bahnen durch ihren Ankauf für das Reich einheitlich zu gestalten. Ende 1875 
und 1876 war aus Anlaß der badischen Kirchen= und Schulpolitik die Spannung im 
Landtag und beim Großherzog gegen Jolly stark genug, um den Fürsten Bismarck zu 
veranlassen, Schritle zur Befestigung der Stellung Jollys zu thun. Bismarcks Entlassung 
bereitete Jolly den tiefsten Schmerz. Er nannte es unbegreiflich, daß der Kaiser eine Macht 
zerstören mochte, die er zu erben berufen war.
	        
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