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Aus einem Schreiben des Regierungsrats Dr. Sintenis an den Staats-
minister Dr. Karl Sintenis, d. d. Berlin, 30. März 1868:
„Die Thätigkeit des Norddeutschen Bundesrats erstreckt sich jetzt vorzugs-
weise auf die neue Gewerbeordnung, welche noch vor Ostern fertig beraten
werden und an den Reichstag gelangen soll. Die Zollbundesratssachen gehen
nur langsam vorwärts, ich glaube kaum, daß das Zollparlament noch in der
Osterwoche eröffnet werden kann, denn die Vorlagen für dasselbe sind noch zu
sehr im Rückstande. Der Bundeshaushalts-Etat pro 1869 ist noch nicht fertig,
es herrscht darüber tiefes Schweigen, nur hier und da tauchen dunkle Gerüchte
auf über bedeutende Mehrforderungen für das Militär und infolge dessen auch
Erhöhung der Matrikularbeiträge; das wäre freilich sehr unerwünscht. Ich
hoffe, daß Mittwoch vor Ostern die Ferien beginnen und etwa 1½ Wochen
dauern werden. Für die Zeit nach Ostern hat mich außer Sondershausen
nun auch Schaumburg-Lippe wieder um Uebernahme der Substitution — und
zwar nicht blos par honneur — gebeten.
„Oldenburg hat nun auch noch seinen besonderen Vertreter beim Bundesrat
geschickt. Staatsrat Buchholz war eben bei mir; man hatte sich dort im Lande
auch mißbilligend darüber geäußert, daß ein Großherzogtum keinen selbständigen
und eigenen Vertreter habe.“
Aus einem Schreiben des Regierungsrats Dr. Sintenis an den Staats-
minister Dr. Karl Sintenis, d. d. Berlin, 2. April 1868:
Beglückwünschung über den bewilligten Abschied als anhaltischer Staats-
minister. (Nachfolger v. Larisch.)
„Ich denke doch nicht vor Mittwoch kommen zu können; die Plenarsitzungen
des Bundesrats werden voraussichtlich bis inklusive Dienstag dauern, wenn auch
der Reichstag schon übermorgen geschlossen wird. Mein Referat über das
Servisgesetz habe ich glücklich durchgebracht, es dauerte eine ganze Stunde und
war mir sehr interessant, daß ich auch einmal berufen war, mich zu zeigen.
Man schien ja allseitig befriedigt. Heute habe ich mich im Handelsministerium bei
von der Reck angemeldet, wegen der Eisenbahnangelegenheit; über das Resultat
der Besprechung werde ich Dir ein Promemoriea schicken.
„Ich glaube, daß Dir von allen Seiten her ein ehrendes Andenken zu
teil wird, und das ist doch auch ein schönes Gefühl.“
Schreiben des Regierungsrats Dr. Sintenis an den verabschiedeten Staats-
minister Dr. Karl Sintenis, d. d. Berlin, 5. April 1868:
„Dein Rücktritt hat hier viel Teilnahme gefunden, ich nenne v. Thile,
v. Watzdorf, v. Harbou, v. Gerstenberg und so weiter. v. Watzdorf hat mich
ganz besonders gebeten, Dir dies zu erkennen zu geben, und er ließe Dich
bitten, ihm ein freundschaftlich kollegialisches Andenken zu erhalten.
„Ueber den Successor habe ich die verschiedenartigsten Urteile gehört, die