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und Charakter des Ministers schätzte, beweist nicht nur eine spätere briefliche
Anerkennung, sondern auch der Umstand, daß er demselben tausend Gulden zu
den Kosten der eingetretenen Veränderung zuwies.
Es war Harbou noch nicht beschieden, sich der Ruhe hinzugeben. Bereits
am 1. November 1861 ernannte Fürst Heinrich LXVII. Reuß j. L. ihn zu seinem
Staatsminister. Auch hier entwickelte er eine fruchtbare Thätigkeit.“)
Infolge eingetretener Kränklichkeit wurde Harbou am 21. Juli 1877
„auf seinen wiederholten dringenden Antrag unter dankender Anerkennung der
von ihm geleisteten treuen und ausgezeichneten Dienste in den ehrenvollen Ruhe—
stand versetzt,“ ging aber schon drei Tage später (noch vor Veröffentlichung
seiner Pensionirung im Amtsblatt), am 24. Juni 1877, mit Tode ab. Daß
derselbe die neubegründete deutsche Einheit mit Freude begrüßte, geht schon aus
dem Vorhergesagten hervor; ebenso war er auch bestrebt, die deutschen Klein—
staaten (namentlich durch den Zusammenschluß der thüringischen Staaten zu
gemeinschaftlichen Einrichtungen) lebensfähig zu erhalten. Hinsichtlich seiner
Stimmführung im Bundesrat (für Reuß j. L.) wird versichert, daß sein Wort
und Rat (er pflegte gut, aber wenig zu reden) auch in dieser hohen Körper-
schaft sehr geschätzt gewesen sei.
Alles in allem darf man Harbou die Anerkennung eines, auch staats-
männisch, hochbegabten Mannes von hervorragenden Fähigkeiten, großer Redlichkeit
und Charakterfestigteit zusprechen, der Bedeutendes geleistet und vielleicht noch
mehr erstrebt hat. Aeußerlich einfach und liebenswürdig, erfreute er sich einer
so allgemeinen Beliebtheit, wie sie wohl selten einem Staatsmanne in seiner
Stellung zu teil wird, was auch durch Errichtung eines Denkmals mit seiner
Büste auf dem Kirchhofe zu Gera Ausdruck fand. Die Inschrift lautet:
„Errichtet von Freunden und Verehrern.“ — „Der allgemeinen Wohlfahrt
galt sein Streben.“
*) Die ausgedehnte Thätigkeit v. Harbous in Reuß j. L. kennzeichnen am besten die
nachstehenden hauptsächlichsten Gesetze: a. Umgestaltung der oberen Staatsverwaltung (1862),
b. Erhöhung der Besoldung der Volksschullehrer (1862), c. Einführung des deutschen
Handelsgesetzbuchs (1863), d. desgleichen einer zeitgemäßeren Gewerbeordnung (1863),
e. die umfassenden Justizgesetze von 1863 (Aufhebung des Appellationsgerichts zu Gera,
Anschluß an das Appellationsgericht zu Eisenach, Kreisgerichte, Aufhebung des befreiten
Gerichtsstands und so weiter), f. Erlaß einer Strafprozeßordnung (1863), g. die Eisenbahn
Gera-Gößnitz (1863 ff.), h. Verbesserung des Verfahrens in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten
(1864) mit Nachtrag (1867), i. die Militärdienstpflicht betreffend (1864), k. die Einführung
von Bezirksausschüssen betreffend (1866), 1. Militärkonvention mit Preußen (1867), m. An-
schluß an den Norddeutschen Bund (1866—1867), verbunden mit der staatsklugen Haltung
des Fürstentums in den Wirren von 1866, n. Preßgesetz (1868), o. die Eisenbahn Gera-
Eichicht (1868 ff.), p. Fischereigesetz (1870), q. Berggesetz (1870), r. Landtagswahlgesetz
(1871), s. Eisenbahn Gera-Weimar (1872 ff.), t. Eisenbahn Weida-Mehlteuer (1872 ff.,
durch den Bezirk Hohenleuben), u. Wassergesetz (1873), v. revidirte Gemeindeordnung
(1874), w. Erhöhung der Besoldung für Geistliche und Volksschullehrer (1874).
Poschinger, Fürst Bismarck und der Bundesrat. 1. 8