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eines Bundesgesetzes, durch welches das allgemeine deutsche Handelsgesetzbuch
und die allgemeine deutsche Wechselordnung nebst den sogenannten Nürnberger
Wechselnovellen, soweit nicht eine Aenderung des gemeinsamen deutschen Wechsel-
rechts durch das Bundesgesetz über die Aufhebung der Schuldhaft vom 29. Mai 1868
eingetreten ist, zu Bundesgesetzen erklärt und als solche in das gesamte Bundes-
gebiet eingeführt werden, ausarbeiten zu lassen und dem Bundesrat zur weiteren
Beschlußfassung vorzulegen."
Wir kommen auf die Erledigung dieser Angelegenheit im Jahr 1869
zurück.
Aufhebung der Schuldhaft. Der Bundesrat stellte der Kommission,
welche mit der Ausarbeitung der gemeinsamen Zivilprozeßordnung beauftragt war,
die Aufgabe, den Gesetzentwurf wegen Aufhebung der Schuldhaft vorzubereiten. In
dieser Kommission wurde sowohl die Frage, ob diese Maßregel gerechtfertigt sei,
als die andere, ob es sich empfehle, ein darauf bezügliches Gesetz zu erlassen,
ohne die Vollendung der gemeinsamen Zivilprozeßordnung abzuwarten, nach
gründlicher Erwägung bejaht und der Entwurf eines zur sofortigen Einführung
geeigneten Bundesgesetzes angenommen, welcher an den Bundesratsausschuß für
das Justizwesen zur Begutachtung gelangte. Der letztgenannte Ausschuß kon-
statirte zunächst, daß die Schuldhaftfrage zur Kompetenz der Bundesgesetzgebung
gehöre, und befürwortete sodann in materieller Beziehung sowohl die Auf-
hebung des Personalarrestes, wie die sofortige Erlassung eines desfalsigen Ge-
setzes unter ausdrücklicher Zustimmung zu dem Entwurfe, den die zur Aus-
arbeitung der gemeinsamen Zivilprozeßordnung bestellte Kommission vorgelegt
hatte. Bei den Beratungen des Ausschusses kam es auch zur Sprache, daß
die Aufhebung des Personalarrestes, als eines Exekutionsmittels, auch in Bezug
auf Wechselverbindlichkeiten zugleich eine Aenderung des deutschen Wechselrechts
in sich schließe. Es gewann hierbei die Ueberzeugung Raum, daß die erwähnte
Aenderung auf die übrigen Vorschriften der deutschen Wechselordnung keinen
wesentlichen Einfluß üben werde, weil das Wesen und die rechtliche Bedeutung
der Wechselverbindlichkeit nach der richtigen, auch der Wechselordnung zu Grunde
liegenden Theorie von der Zulässigkeit des Personalarrestes völlig unabhängig
nicht galt, so war es erforderlich, daß die Regierungen derselben mit den Vorbereitungen
behufs Einführung des Bundesgesetzes vor dem Erlaß des letzteren zum Abschluß gelangten.—
Eine fernere Berücksichtigung ersorderte der Umstand, daß in die Einführungsgesetze des
Handelsgesetzbuchs und vielleicht auch in andere spätere Landesgesetze Bestimmungen auf-
genommen waren, welche eine Deklaration oder Aenderung des Handelsgesetzbuches bewußt
oder unbewußt enthielten. Diese könnten durch ein neues Bundesgesetz nicht einfach auf-
gehoben werden, ohne die besonderen Verhältnisse der betreffenden Staaten zu verletzen
oder wenigstens den Grund zu einer schädlichen Rechtsunsicherheit zu legen. Zur Abwen-
dung und Milderung diesfer Uebelstände waren deshalb dem neuen Bundesgesetze besondere
Bestimmungen einzuverleiben und hierüber die Bundesregierungen mit ihren Aeußerungen
zu vernehmen.