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3. Wundespräsidium (Bundesbeamte).
Uebernahme des preußischen auswärtigen Ministeriums
auf den Bundesetat. Am 22. Februar 1869 richtete Bismarck in dieser
Angelegenheit das nachstehende Schreiben?) an den Bundesrat:
„Der Norddeutsche Bund trägt vermöge seiner auf den Schutz des Bundes-
gebiets und des innerhalb desselben giltigen Rechts sowie auf die Pflege der
Wohlfahrt des deutschen Volkes gerichteten Zwecke und vermöge seiner von jeder
Kündigung unabhängigen Dauer den Charakter einer völkerrechtlichen Persön-
lichkeit. Durch die Beglaubigung der königlich preußischen Gesandten bei den
außerdeutschen Höfen und Regierungen als Gesandte des Bundes, durch die
Beglaubigung der bei dem preußischen Hofe accreditirten Gesandten außer-
deutscher Staaten als Gesandte bei dem Bunde, durch zahlreiche völkerrechtliche
Verträge ist die völkerrechtliche Persönlichkeit des Bundes in den allgemeinen
internationalen Verkehr eingeführt.
„Je vielseitiger und mannigfaltiger die völkerrechtlichen Beziehungen sind,
in welche der Bund während der kurzen Zeit seiner Begründung getreten ist,
um so entschiedener gewinnt seine völkerrechtliche Seite immer mehr an Bedeu-
tung. Die tägliche Erfahrung in den laufenden Geschäften zeigt, daß das
Ausland diese Bedeutung averkennt, sie beweist aber auch, daß die bestehende
Organisation nicht ausreicht, um diese Bedeutung zur vollen Geltung zu bringen.
Zu diesem Zwecke ist es nach der Ansicht des Präsidiums erforderlich, daß die
politischen Angelegenheiten des Bundes nicht ferner von einer Behörde eines
der Bundesstaaten, dem preußischen Ministerium der auswärtigen Angelegen-
heiten, sondern von einer dem Bunde angehörenden Behörde wahrgenommen
werde, und daß die politische Vertretung des Bundes im Auslande nicht ferner
als ein Nebenamt durch preußische Beamte, sondern durch Bundesbeamte erfolge.
„In diesem Sinne hat der von dem Reichstag in seiner letzten Session
gestellte Antrag auf Einverleibung der Gesamtkosten für die auswärtige Ver-
tretung des Bundes in den Bundeshaushalts-Etat für 1870 seine Berechtigung.
Der unterzeichnete Bundeskanzler beehrt sich daher, den Antrag zu stellen, daß
der Bundesrat die Aufnahme des vorliegenden Etats für das Ministerium der
auswärtigen Angelegenheiten in den Bundeshaushalts-Etat für 1870 beschließen
wolle.
„Daß dieser Antrag dem Gesandtschaftsrecht der einzelnen hohen Bundes-
regierungen keinen Eintrag thut, glaubt der Unterzeichnete kaum bemerken zu
dürfen.
v. Bismarck.“
Bei der Beratung des vom Präsidium vorgelegten Etats des Ministeriums
der auswärtigen Angelegenheiten war der Ausschuß für Rechnungswesen der
*) In Kohls Bismarck-Regesten nicht erwähnt.