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hat sitzen lassen in der Abstimmung über das Schuldenverwaltungsgesetz. Die
Situation ist gespannt.“
2. Mai 1868. „Mittwoch war Soeirée bei Hofe, ich bin aber nicht hin-
gegangen, da ich gerne zu Hause an meinem Berichte über die Maaß= und Ge-
wichtsordnung arbeiten wollte. Mit dieser großen Arbeit bin ich nun auch fertig.“
13. Juli 1868. „Heute früh ist in einer langen Sitzung von 10 bis
4 Uhr endlich die Maaß= und Gewichtsordnung, im wesentlichen nach meinen
Wünschen, angenommen worden.“
5. Dezember 1868. „Wir sind, oder wenigstens ich bin glücklicherweise
diesmal gleich ohne lange Vorrede ordentlich zur Arbeit gekommen, die Arbeit
ist interessant und so habe ich keine Langeweile, die erste Bedingung des Wohl-
befindens. Nachdruck, Rinderpest, Maaß und Gewicht und einige Eisenbahn-
sachen beschäftigen mich ganz und geben doch Abwechslung. — Bismarck ist
seit 3 Tagen hier; ich habe ihn vorgestern nur auf der Straße getroffen und
ein paar Worte mit ihm gesprochen; da schien er ganz munter zu sein und
war sehr liebenswürdig. Wir werden jetzt kaum etwas mit ihm zu thun haben.“
16. April 1869. „Heute früh habe ich im Ministerium der auswärtigen
Angelegenheiten nach langer, schwieriger Verhandlung als Sieger, da ich in
allen Stücken unsere Wünsche durchgesetzt habe, den Vertrag mit der Krone
Preußen wegen Beseitigung der doppelten Besteuerung abgeschlossen, und dann
noch einer sehr interessanten Reichstagssitzung, in welcher Bismarck eine der
besten Reden hielt, beigewohnt."“
29. Mai 1869. „Mittwoch dauerte die Sitzung, in der wir endlich die
Gewerbeordnung zu stande brachten, von 11 bis ½6 Uhr. Gestern und heute
vormittag habe ich sehr hübsch zu Hause bleiben können bis 1 Uhr und in
dieser Zeit einen Bericht über den Handelsvertrag mit der Schweiz gemacht,
das dürfte für diesmal die letzte große schriftliche Arbeit gewesen sein.“ — —
In den vorstehenden Auszügen wird man eine Bestätigung meiner Be-
hauptung finden, daß Weinlig einer der thätigsten und freudigsten Mit-
arbeiter an der Neugestaltung der deutschen Verhältnisse war. Die Keime zu
der schweren Krankheit, die so zeitig ihn den Bundesratsarbeiten entriß (Herz-
erweiterung infolge übermäßiger Anstrengung des Gehirns), hat jedenfalls seine
arbeitsvolle Berliner Zeit gelegt.
Geheimer Finanzrat Julius Hans v. Thümmel
(geboren 25. Mai 1824, gestorben 12. Februar 1895).
Seit seinem Eintritt in das Finanzministerium (1859) war Thümmel“)
etwa ein Jahrzehnt hindurch der sächsische Delbrück, d. h. die größte Autorität
auf dem Gebiet des Zoll-, Steuer= und Finanzwesens.
. *) Mai 1851 Eintritt in den Justizdienst, später in den Verwaltungsdienst des König-
reichs Sachsen. 1859 Eintritt in das Finanzministerium, demnächst Vertreter Sachsens