— 115 —
in einem Ausschusse des Bundesrats verhandelt worden; 1) man erfuhr wenig
davon, aber doch so viel, daß noch keine Lösung gefunden war. Die süddeutschen
Minister machten Vorschläge, die sich dahin kennzeichnen ließen, daß die aus
dem Reservatrecht Bayerns und Württembergs hervorgehenden Ungelegenheiten
und Unkosten dem Reich aufgehalst werden sollten. So fanden sie keine Billigung;
man war vielmehr der Meinung, daß die süddeutschen Staaten diese Unkosten
selbst zu tragen haben. Es würde allerdings ein Mittel gegeben haben, um
den bezüglichen Beschwerden abzuhelfen, wenn Bayern und Württemberg
sich entschlossen hätten, selbst Reichemarken zu verkaufen, wenigstens für Briefe,
die über die Grenzen ihres Staates hinausgehen. Indessen konnten sie sich nicht
dazu entschließen. Ihre Reservatrechte würden durch diesen Vorschlag nicht
verletzt worden sein, denn sie bestehen doch darin, daß sie selbständig ihr Post-
wesen leiten und alle Einnahmen in ihrem Gebiete daraus beziehen. Aber der
Partikularismus fühlte sich zu sehr geschmeichelt durch die eigenen Wappen.
Klagten die Partikularisten doch darüber, daß die Reichspost sich zu breit mache
mit dem Reichsadler und mit der Inschrift „Deutsche Reichspost“. Uebrigens
verschafften die Reservatrechte Bayern und Württemberg keine Mehreinnahmen,
sondern im Gegenteil Kosten. Der Briefverkehr in Bayern ist verhältnismäßig
schwach, und ein bayerisches Blatt rechnete aus, daß, wenn Bayern seine Post
in die Reichspost schwinden ließe, es jährlich 1½ Millionen Mark gewinnen
würde. Dazu konnte sich aber die bayerische Regierung nicht entschließen.
Bei dieser Sachlage beschloß der Bundesrat am 11. April 1883, den
Eingaben keine Folge zu geben und den bayerisch-württembergischen Stand-
punkt festzuhalten, nachdem ihm vorher das von den drei deutschen Post-
verwaltungen getroffene Uebereinkommen, betreffend die Beförderung der Post-
karten, welches dem schreiendsten Uebelstand abhalf, mitgeteilt worden war.
7. Marine und Schiffahrt.
Projekt zu Korrektion der unteren Weser. Hierbei handelte es
sich nicht, wie in der Presse irrtümlich angenommen wurde, um einen neuen
Antrag Bremens, sondern um das Resultat eines Bundesratsbeschlusses aus
1) Vergl. das „Deutsche Tageblatt“ Nr. 214 v. 8. 8. 82 (Württembergs Stand-
punkt). Der „Elberf. Ztg.“ wurde geschrieben: Es verlautet, daß in dem Bundesrats-
ausschusse für Handel und Verkehr ein Antrag eingebracht werden wird, wonach einheitliche
Postwertzeichen im Gebiete des Deutschen Reichs eingeführt und an Bayern und Württem-
berg, um diese Staaten für den Ausfall ihrer Postintraden zu entschädigen, jährlich an-
gemessene Pauschalsummen gezahlt werden sollen. Man rechnet nicht nur auf eine Mehr-
heit für diesen Antrag im Bundesrat, sondern namentlich darauf, daß auch Bayern und
Württemberg selbst dafür stimmen werden.