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die Meinungen im Reich auseinander. Bismarck hielt die Form des Monopols
für diejenige, welche die Interessen der Konsumenten und der Tabakbauer am
meisten schont und dabei an Ergiebigkeit alle andern Formen der Besteuerung
übertrifft. Er wollte daher zu andern Vorschlägen erst übergehen, wenn er die
Aussicht auf Zustimmung des Bundesrats und Reichstags zum Monopol auf-
zugeben genötigt war.
Der Ertrag des Tabakmonopols sollte übrigens nach Bismarcks Absicht
gewissermaßen die Domäne des kleinen Mannes werden, denn mittelst der hieraus
fließenden Einnahmen wollte der Fürst zunächst jene Kosten decken, welche die
Altersversorgung der Arbeiter dem Reich auferlegte. Der Plan war großmächtig
angelegt. Die Annahme dieses weitaus größten Bismarckschen Finanzprojekts
erfolgte im Bundesrat mit einer bei weitem größeren Mehrheit, als die Gegner
vorausgesetzt hatten. Mit 36 gegen 22 Stimmen erteilte der Bundesrat dem
Entwurf eines Gesetzes über das Reichstabakmonopol seine Zustimmung. Für das
Monopol stimmten Preußen (mit 17 Stimmen), Württemberg (4), Mecklenburg-
Schwerin (2), Braunschweig (2) und folgende Staaten mit je 1 Stimme:
Sachsen-Weimar, Sachsen-Meiningen, Sachsen-Altenburg, Sachsen-Coburg-
Gotha, Anhalt, Schwarzburg-Rudolstadt, Schwarzburg-Sondershausen, Waldeck,
Reuß älterer Linie, Schaumburg-Lippe und Lippe; gegen das Monopol stimmten:
Bayern (6), Sachsen (4), Baden (3), Hessen (3) und Mecklenburg-Strelitz,
Oldenburg, Reuß jüngerer Linie, Lübeck, Bremen und Hamburg mit je
1 Stimme.
Die große Mehrheit, mit welcher der Bundesrat sich für die Einbringung
der Vorlage in den Reichstag erklärte, durfte als neuer Beweis gelten, daß das
Monopol seit dem Zeitpunkte, wo Fürst Bismarck dasselbe im allgemeinen
Interesse des Reichs ins Auge gefaßt hatte, von einer immer wachsenden Zahl
von Regierungen in seinen großen Vorzügen erkannt worden war. Leider fehlte
im Reichstag jedes Verständnis dafür. Das dort herrschende Fraktionsgetriebe
brachte das Lieblingsprojekt des Kanzlers demonstrativ zu Fall.
Als Bismarck im Jahre 1880 zuerst mit dem Plane, das Budget nur
alle zwei Jahre feststellen zu lassen, hervortrat, beantragte er die Abänderung
von vier Verfassungsartikeln, darunter des Art. 13, welcher vorschreibt, daß
der Reichstag alljährlich zu berufen ist; künftig sollte dies nur alle zwei Jahre
notwendig sein. In dieser Session kam der Kanzler auf einem Umweg auf
die Verwandlung der einjährigen in zweijährige Etatsperioden zurück, indem er
dem Bundesrat und dem Reichstag anheimstellte, gleichzeitig zwei Etats, den
für 1883/84 und den für 1884/85, festzustellen. Der Versuch fand die Zu-
stimmung des Bundesrats, scheiterte aber im Reichstag, weil die Liberalen
behaupteten, daß auf diese Weise die Etatsaufstellung in hohem Grade
zum Schein werden und die konstitutionellen Rechte geschmälert werden
würden.