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dürfnisse des Gewähltwerdens unterzuordnen, durch welche bisher jedes Wahl—
reich seinem Verfall und seinem Untergange entgegengeführt worden ist.
Der Gedanke an die Errichtung eines verantwortlichen Reichsministeriums,
wie er nicht bloß in Gestalt eines Programms, sondern in den Verhandlungen
des Reichstags von den Jahren 1869 und 1878 zu Tage getreten, ist des-
halb nach Ueberzeugung der Königlichen Regierung überall da, wo er im
Reichstag und bei den Wahlen gemacht wird, im Interesse des Reiches, seiner
Verfassung und der Sicherheit seines Fortbestandes zu bekämpfen, einmal weil
er sich nicht verwirklichen läßt, ohne die vertragsmäßigen Rechte der Reichs-
glieder und das Vertrauen auf die Sicherheit der Bundesverträge zu schädigen,
dann aber auch, weil er eins von den Mitteln bildet, durch welche der Schwer-
punkt der Reichsregierung in die wechselnden Majoritäten des Reichstags
hinübergeleitet werden soll, und weil diese Ueberleitung, wenn sie gelänge, die
Wiederauflösung der deutschen Einheit nach Ueberzeugung der Regierung im
Gefolge haben würde."“
Nachdem durch die weiter von den Bevollmächtigten abgegebenen Aeuße-
rungen die Uebereinstimmung sämtlicher Regierungen in der Sache konstatirt
war, einigte man sich dahin, diese Uebereinstimmung durch den Anschluß an
die Königlich preußische Erklärung kundzugeben.
Der bayerische Bevollmächtigte erklärte: „Die Königlich bayerische Regierung
befinde sich mit der Aeußerung der Königlich preußischen Regierung in voll-
kommenem Einverständnisse, und sei er in der Lage, sich jeder Form anzuschließen,
in welcher dieses Einverständnis zum Ausdruck gebracht werden wolle. Die
Königlich bayerische Regierung sei zu thätiger Mitwirkung an der nationalen
Entwicklung auf föderativer Grundlage jederzeit bereit; eine Fortbildung der
Reichsverhältnisse in unitarischer Richtung aber werde sie stets mit Nachdruck
bekämpfen. Aus diesem Grunde stehe sie dem Gedanken der Errichtung eines
verantwortlichen Reichsministeriums durchaus ablehnend gegenüber, und zwar
sowohl mit Rücksicht auf die Stellung des Bundesrats und die durch die
Grundverträge gewährleisteten Rechte der Einzelstaaten, als auch mit Rücksicht
auf die zukünftige Entwicklung und den gesicherten Fortbestand des Reiches.
Nachdem durch die weiter von den Bevollmächtigten abgegebenen Aeuße-
rungen die Uebereinstimmung sämtlicher Regierungen in der Sache konstatirt
war, einigte man sich dahin, diese Uebereinstimmung durch den Anschluß an
die Königlich preußische Erklärung kundzugeben. 1)
1) Das „Dresdner Journal“ gab der lebhaften Befriedigung darüber Ausdruck, daß
die sächsische Regierung bei ihrer Anregung „der vollen Uebereinstimmung mit ihren An-
schauungen bei sämtlichen verbündeten Regierungen und insbesondere auch bei der Königlich
preußischen Regierung begegnet“ sei, und führte sodann weiter aus: „Nun denke man sich,
daß der langjährige Leiter der deutschen auswärtigen Politik sein Amt niederlegen sollte,
weil das von ihm präsidirte Reichsministerium in irgend einer Ressortfrage von geringer