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Verwaltungsreform erstattet hat.) Das Gesamtergebnis seiner Untersuchungen
faßte v. Puttkamer dahin zusammen, „daß die durch die neue Gesetzgebung
eingeführte Reform der inneren Verwaltung an sich auf gesunder Grundlage
ruhe, daß sie zwar in den weiteren Stadien ihrer Ausführung auf Abwege
insofern geraten sei, als Doktrinarismus und Formalismus die Oberhand über
die wirklich populären und staatsmännischen Grundanschauungen gewonnen
habe, was zu einer das öffentliche Interesse nicht unerheblich beeinträchtigenden
Häufung der Behörden und Komplizirtheit der Formen geführt habe; daß es
aber weder zu spät sei, noch als allzu schwer sich erweisen werde, durch Ver—
einfachung des in das Leben gerufenen Apparates von Selbstverwaltungs-
behörden und des Verfahrens, sowie durch erweiterte Dezentralisation in der
Richtung möglichster Ausbildung und Stärkung der Lokalinstanz wieder in den
richtigen Weg einzulenken“.
Die Berufung Puttkamers in das Kultusministerium erfolgte durch Bis-
marck mit der ausgesprochenen Absicht, die Friedensära im Kulturkampf einzu-
leiten.)) Diejenigen, die ihm vorwerfen, das Werk seines Amtsvorgängers
des Handelsministeriums. Hier arbeitete er vier Jahre unter dem Unterstaatssekretär
v. Pommer-Esche, den er im Jahre 1859 als Ober-Präsidialrat nach Coblenz begleitete. Von
dort wurde Puttkamer 1860 zum Landrat des Demminer Kreises und während des
deutschen Krieges von 1866 zum Zivilkommissarius von Mähren berufen. Nach dem
Friedensschluß trat er zunächst als Hilfsarbeiter in das Ministerium des Innern, dann als
vortragender Rat ins Bundeskanzler-Amt; 1871 Regierungspräsident zu Gumbinnen, 1874
bis 1877 Bezirkspräsident von Lothringen, darauf Oberpräsident der Provinz Schlesien,
Juli 1879 Kullusminister, 1881—1888 Minister des Innern und seit 1881 noch Vize-
präsident des Staatsministeriums, 1891 Oberpräsident der Provinz Pommern. Von 1873
ab war Puttkamer in verschiedenen Sessionen Mitglied des Reichstags, woselbst er sich der
konservativen Partei anschloß. Eine biographische Skizze findet sich in dem Werke
(Verfasser Dr. Robolsky) „Unsere Minister“ S. 264—280. Vergl. auch die Schrift Baron
St .. ... s „Der Berliner Hof und seine Politik“, Berlin 1888 (Abschnitt: Ein verhaßter
Minister).
1) Abgedruckt in der „Nordd. Allg. Ztg.“ Nr. 287 v. 24. 6. 81. Vergl. hierzu die
„Vossische Ztg.“ Nr. 293 v. 28. 6. 81. Die Veröffentlichung des Puttkamerschen Berichts
erfolgte nach vorausgegangenem Einvernehmen Bismarcks in der „Nordd. Allg. Ztg.“
Nr. 290 v. 25. 6 81.
2) Das von Jörg in den „Historisch-politischen Blättern“ dem Reichskanzler unter-
geschobene Wort an Puttkamer: „Schaffen Sie mir den Kulturkampf vom Leibe!“ ist
vollständig aus der Luft gegriffen. Die „Nordd. Allg. Ztg.“ Nr. 484 v. 15. 10. 81 er-
wähnte dasselbe nur, um an diesem Beispiel zu zeigen, „auf welch niedrigem Niveau
gewisse Zeitungsschreiber stehen. Jeder Wohlerzogene wird nur die Achseln zucken, wenn
er liest, daß solch ungeschliffene Redeweise dem Reichskanzler bei einer Besprechung mit
einem seiner Kollegen in den Mund gelegt wird, aber es finden sich noch immer Zeitungs-
schreiber, welche — ohne die entfernteste Ahnung von den Umgangsformen und dem Ton
zu haben, in dem Minister miteinander verkehren — Albernheiten, wie die von dem
ultramontanen Blatte erfundene, ihren Lesern mitzuteilen wagen und nicht anstehen, solch
müßige und taktlose Klatschereien ganz ernsthaft in Erwägung zu ziehen“.