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Auch in Parlamentskreisen war er wegen seines gründlichen Wissens und seiner
schlichten, anspruchslosen Art wohlgelitten.
Gedanken zu haben, ist kein Kunststück; ich kenne Menschen, die stets
Hunderte im Kopfe umhertragen und dabei doch niemals etwas zu Wege bringen.
Auf das Machen kommt es an, und darin war Moeller einzig. Einen
legislatorischen Gedanken über Nacht in einen komplizirten Gesetzentwurf
zu kleiden, war für ihn eine Spielerei. Ein anderer muß sich dabei zu
Tode schinden, und wenn er die Gabe nicht hat, so bekommt er es in
Wochen nicht fertig. Dabei war Moeller immer gefällig, zu allem bereit, stets
zu haben.
Welche hohe Anforderungen Moeller an den Dienst stellte, das habe ich
an mir selbst erfahren können. In den ersten Jahren meines Eintritts in das
Reichskanzler-Amt besuchte ich in Benutzung meines dreiwöchentlichen Urlaubs
Kissingen, um daselbst eine Kur zu gebrauchen. Dieselbe bekam mir gar nicht;
der Rakoczy brachte nicht nur nicht die erwarteten, sondern gerade die entgegen-
gesetzten Wirkungen hervor, und so entschloß ich mich, da ich schließlich schwer
leidend wurde, meinen Chef um eine Urlaubsverlängerung zu bitten. Herr
v. Moeller, welcher in den damaligen Sommermonaten gerade den Minister
vertrat, schlug mir den Urlaub ab, es sei denn, daß ich ein ärztliches Attest
beibrächte. Als dieser Bescheid durch den mit mir die Kur gebrauchenden Ge-
heimen Legationsrat v. Holstein zur Kenntnis des in der Kissinger Saline
residirenden Kanzlers kam, konnte sich Bismarck mit dem Moellerschen Bescheid
nicht einverstanden erklären. „Entweder mußte Herrn v. Poschinger der Nach-
urlaub bewilligt werden, oder Moeller mußte denselben, wenn er Poschingers
Angaben nicht glaubte, in Disziplinaruntersuchung nehmen."“
In nähere Beziehung zu Bismarck gelangte Moeller erst durch seine Stellung
als Unterstaatssekretär des preußischen Handelsministeriums, in welche er auf
Grund Immediatberichts Bismarcks vom 27. April 1881 1) am 2. Mai 1881
berufen wurde. Mit Schreiben vom 2. Mai 18812) ersuchte der Minister für
Handel und Gewerbe Moeller sofort — noch vor dem Eingang seiner Be-
stallung — die Geschäfte des Unterstaatssekretärs kommissarisch zu übernehmen.
Durch Allerhöchsten Erlaß vom 17. Oktober 1881 wurde Moeller zum
Mai 1879, und „Die Untersuchung der See-Unfälle“ in Hartmanns Zeitschrift für öffent-
liches Recht, Bd. 5 (1879), hat v. Moeller im Druck erscheinen lassen: 1. Preußisches
Stadtrecht (Breslau 1864), 2. Landgemeinden und Gutsberrschaften nach preußischem Recht
(Breslau 1865), 3. Das Recht der preußischen Kreis= und Provinzialverbände (Breslau
1866), 4. Schlesische Edikten-Sammlung, enthaltend die noch anwendbaren provinziellen
Gesetze und Verordnungen aus der Brachvogelschen, der Arnoldschen und der Kornschen
Edikten-Sammlung (Breslau 1866).
1) In Kohls Bismarck-Regesten nicht erwähnt.
2) In den erwähnten Bismarck-Regesten gleichfalls nicht erwähnt.