Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Fünfter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1881-1900). (5)

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gesetzes und der Strafprozeßordnung, unter Ablehnung der Wieder— 
einführung der Berufung an,!) wiewohl Bismarck in dem oben 
S. 194 erwähnten Meinungsaustausch die Annahme auch dieses, des preußi- 
schen, Vorschlags warm befürwortet hatte. Das Justizgesetz blieb im Reichs- 
tag unerledigt. 
Der Auslieferungsvertrag mit Rußland. Dem Bundesrat ging 
folgendes Schreiben des Reichskanzlers zu: 
Berlin, den 27. Januar 1885. 
Dem Bundesrat beehre ich mich davon Mitteilung zu machen, daß zwischen 
der Königlich preußischen und der Kaiserlich russischen Regierung durch den Aus- 
tausch der in der Anlage abschriftlich beigefügten Noten ein Uebereinkommen 
wegen gegenseitiger Auslieferung von Verbrechern geschlossen worden ist. Die 
Abwehr, welche durch dieses Abkommen bezweckt wird, würde nur unvoll- 
ständig erreicht werden, wenn dessen Geltung auf das preußische Staatsgebiet, 
und der Schutz, welchen dasselbe der bestehenden Ordnung bei uns und im 
Auslande zu sichern bestimmt ist, auf die Beteiligung Preußens beschränkt bliebe. 
Ich bin daher von Seiner Majestät dem Kaiser beauftragt, den Bundesrat 
um sein Einverständnis dahin zu ersuchen, daß auf der Grundlage des er- 
wähnten Uebereinkommens ein Auslieferungsvertrag zwischen dem Reich und 
der Kaiserlich russischen Regierung abgeschlossen werde. 
Der Reichskanzler: 
v. Bismarck. 
Die liberale Presse hatte an dem Abkommen manches auszusetzen, beson- 
ders die Einbeziehung von Beleidigungen des russischen Herrscherhauses in den 
Kreis der Delikte, wegen deren ausgeliefert werden sollte.2) 
In der Sitzung vom 12. Februar 1885 erklärte der Bundesrat sein 
Einverständnis damit, daß auf der Grundlage des zwischen Preußen und Ruß- 
land abgeschlossenen Auslieferungsvertrags ein solcher zwischen dem Deutschen 
Reich und Rußland abgeschlossen werde. 
Der später in Petersburg abgeschlossene Vertrag wurde von Bismarck im 
April 1885 3) dem Bundesrat und nach dessen Genehmigung auch dem Reichs- 
tag vorgelegt. « 
Strafvollstreckung. Im April 18854) legte der Reichskanzler dem 
Bundesrat den Entwurf von Grundsätzen vor, welche in betreff der Voll- 
1) Nach Schultheß' Geschichtskalender erfolgte die Ablehnung der Berufung bei der 
ersten Lesung mit 33 gegen 26 Stimmen. 
2) „Nat.-Ztg.“ Nr. 75 u. Nr. 79 v. 2. u. 4. Febr. 1885. 
s) In Kohls Bismarck-Regesten übersehen. 
4) In Kohls Bismarck-Regesten übersehen.
	        
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