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rats zu erfolgen habe, und da dem Regentschaftsrat durch dieselbe Gesetzesvor-
schrift die Führung der Regierung mit allen Rechten und Pflichten einer Regierungs-
vormundschaft oder Regierungsverwesung übertragen ist, demselben also auch
die Befugnis zur Bestellung der für das Herzogtum Braunschweig zu bevoll-
mächtigenden Vertreter im Bundesrat einzuräumen sein wird, hat der Unter-
zeichnete im Auftrage Sr. Majestät des Kaisers zu beantragen:
der Bundesrat wolle beschließen, daß die von dem Regentschaftsrat nach
Maßgabe der Reichsverfassung zu bestellenden Bevollmächtigten als Ver-
treter Braunschweigs im Bundesrat im Sinne des Artikels 6 der Reichs-
verfassung anerkannt werden.
Zugleich beehrt sich der Unterzeichnete, dem Bundesrat die Mitteilung
zu machen, daß Se. Majestät der Kaiser die im Artikel 66 der Reichsver-
fassung dem Herzog von Braunschweig vorbehaltenen Rechte rücksichtlich des
Herzoglich braunschweigischen Kontingents, gestützt auf Art. 63 und 64 der
Reichsverfassung, während der Dauer der provisorischen Regierungsverwesung
ausüben werden."
In der Sitzung des Bundesrats vom 27. Oktober 1884 wurde der
Antrag des Reichskanzlers angenommen.
Reuß älterer Linie enthielt sich der Abstimmung; der Vertreter des Fürsten-
tums gab die nachstehende Erklärung zu Protokoll:
„Die Fürstliche Regierung steht auf dem Standpunkte des monarchisch-
legitimistischen Prinzips, gemäß dessen dem nach den betreffenden Ord-
nungen berufenen legitimen Thronfolger des Souveräns einer erblichen
Monarchie die Regierungsrechte mit dem Ableben desselben von selbst
zufallen. So erwünscht der Fürstlichen Regierung die Beteiligung der
Herzoglich braunschweigischen Bevollmächtigten an den Verhandlungen des
Bundesrates erscheint, vermag sie doch an einer Abstimmung nicht teil-
zunehmen, die ihres Erachtens ein Abweichen von dem eingenommenen
Standpunkte involviren würde.“!)
3. Präsidium (Reichsbeamte).
Reichsbeamtengesetz. Der von Bismarck dem Bundesrat (ca.
1. Februar 1885)2) vorgelegte und von dem letzteren auch angenommene Entwurf
eines Gesetzes, betreffend die Ergänzung des § 72 des Reichsbeamtengesetzes
vom 31. März 1873, wurde vom Reichstag abgelehnt. Der Vorschlag erklärte
1) Die Korrespondenz Bismarcks mit dem Bundesrat wegen der Ansprüche des
Herzogs von Cumberland auf Braunschweig findet man in dem weiter unten folgenden
Abschnitt 12 „Verschiedenes“.
2) In Kohls Bismarck-Regesten übersehen. „Nat.-Ztg.“ Nr. 76 v. 3. 2. 85.