— 206 — :
Am 2. Juli 1885 genehmigte der Bundesrat den mit dem Norddeutschen
Lloyd in Bremen über die einzurichtenden Postdampferlinien abgeschlossenen
Vertrag.)
Der Bundesratsbevollmächtigte für Hamburg gab bei der Beschlußfassung
über den Vertrag die Erklärung ab, „daß er beauftragt sei, bei der Frage
über die Genehmigung des vorliegenden Vertrages sich der Stimme zu ent-
halten, zugleich aber die Erwartung auszusprechen, daß eine zur Heranziehung
der aus Deutschland zu versendenden Ladungsgüter nach den deutschen Häfen
etwa zu bewirkende Ermäßigung der Eisenbahntarife nicht zu einer differentiellen
Begünstigung der subventionirten Postdampfer und deren Abgangshafen führen,
sondern auch für die bestehenden Frachtdampferlinien nach Ostasien und
Australien, deren Abgangshafen Hamburg ist, in gleicher Weise eintreten werde“".
Postsparkassen. Die Vorlage des Reichskanzlers vom Oktober 1884,
betreffend den Entwurf eines Postsparkassengesetzes,?) veranlaßte lebhafte
Ausschußberatungen 3) Von den 48 Paragraphen, welche der Entwurf
umfaßte, wurden zu 21 Abänderungen von den Ausschüssen beantragt. § 1,
welcher lautete: „Das Reich übernimmt die Annahme, Verzinsung und Rück-
zahlung von Spareinlagen unter Vermittlung der Postverwaltung nach Maß-
gabe dieses Gesetzes“, gelangte mit Stimmenmehrheit zur Annahme. Die
Minderheit beanstandete einerseits die Zuständigkeit der Reichsgesetzgebung,
andrerseits das Vorhandensein eines dringenden Bedürfnisses. Der Bevollmächtigte
des Königreichs Sachsen kündigte für das Plenum folgenden Antrag an:
1. den § 1 abzulehnen, dagegen 2. den Herrn Reichskanzler um Aufstellung
eines Gesetzentwurfs zur Regelung einer Mitwirkung der Reichspostanstalten
bei Annahme und Auszahlung sowie Uebertragung von Spareinlagen für die
Landes= und Kommunalsparkassen zu ersuchen. Hierbei erläuterte derselbe die
Worte „Landes= und Kommunalsparkassen“ dahin, daß hierunter sämtliche
öffentliche, unter Staatsaufsicht stehende Sparkassen, seien es Landes-, Pro-
vinzial-, Kreis= oder Gemeindesparkassen, begriffen sein sollen. Es kennzeichnet
dies den Standpunkt Sachsens zur ganzen Vorlage. Als Schlußbestimmung
wurde von Bayern beantragt: Vorstehendes Gesetz findet auf Bayern keine
Anwendung. Württemberg) beantragte eine Erweiterung dieser Bestimmung
1) Die Detailbestimmungen findet man in der „Nat.-Ztg.“ Nr. 390 v. 2. 7. 85 und
Nr. 423 v. 21. 7. 85; in Schultheß Geschichtskalender 1885 S. 115.
2) In Kohls Bismarck-Regesten übersehen. Notizen über die Vorlage „Nordd. Allg.
Ztg.“ Nr. 504 v. 27. 10. 84; Nr. 505 v. 28. 10. 84; Nr. 506 v. 28. 10. 84 und in
der „Nat.-Ztg.“ Nr. 593 und Nr. 494 v. 28. 10. 84.
3) Vergl. die „Post“ Nr. 327 v. 28. 11. 84.
4) Eine die Materie betreffende Rede des württembergischen Ministerpräsidenten
v. Mittnacht, welcher zu den Ausschußberatungen nach Berlin gereist war, gehalten in der
württembergischen zweiten Kammer, findet sich in der „Nat.-Ztg.“ Nr. 662 v. 4. 12. 84.