Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Fünfter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1881-1900). (5)

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Welfenpartei, worin die große Mehrheit des hannoverschen Volkes aller Stände 
ihre politische Organisation für die parlamentarischen Wahlen findet, hat keine 
verfassungswidrigen Bestrebungen. Sie gefährdet nicht die Sicherheit des Reiches. 
Sie ist gar nicht in der Lage, den inneren Frieden in Frage stellen zu können. 
Die Welfenpartei übt keinen Einfluß auf den Herzog von Cumberland. Der 
Herzog steht nicht an der Spitze einer Partei. Die Welfenpartei hält sich auf 
das sorgfältigste im gesetzlichen Wege. Sie hat keine Vorbehalte gemacht und 
bedarf deren nicht. Der gewaltsame Weg ist für sie ausgeschlossen, er ist natur— 
gemäß, nach den gegebenen Verhältnissen, nach ihren Prinzipien, in ihrem Interesse 
und nach dem wohlbekannten Charakter des hannoverschen Volkes unmöglich. 
Mit dieser Erklärung habe ich nur der Annahme begegnen wollen, als 
ob durch ein Schweigen unsrerseits die Behauptungen rechtswidriger Bestrebungen 
irgendwie und auch nur in einem kleinsten Punkte zugestanden würden. 
Seitens des Reichskanzlers wurde ihm darauf folgendes erwidert: 
Kissingen, den 6. Juni 1885. 
Euer Hochgeboren Schreiben an den Bundesrat vom 2. d. Mts. habe 
ich zu erhalten die Ehre gehabt, und zweifle nicht an der Aufrichtigkeit Ihrer 
eignen Ueberzeugung bezüglich der zukünftigen Haltung der Welfenpartei. Da- 
gegen teile ich die Auffassung nicht, daß die Führung und die Zwecke der 
Partei von Euer Hochgeboren abhängig und Sie Ihrerseits in der Lage sind, 
authentische Zusicherungen über die Mittel zu geben, mit welchen die Partei 
ihre Bestrebungen zu verwirklichen beabsichtigt. Aber auch wenn ich glaubte, 
daß die Leitung der Partei in Euer Hochgeboren Händen läge, so würde ich 
mich doch nicht für berufen halten, in eine amtliche Beantwortung Ihrer Ein- 
gabe einzutreten. 
Ich beschränke mich deshalb auf die private Mitteilung, daß ich Euer 
Hochgeboren Schreiben, wie jede an den Bundesrat gerichtete Eingabe, ohne 
derselben eine Beziehung zu der braunschweigischen Frage beizulegen, zur Kenntnis 
des Bundesrats bringen werde. 
Genehmigen Euer Hochgeboren den Ausdruck meiner besonderen Hochachtung. 
v. Bismarck. 
In der Sitzung des Bundesrats vom 2. Juli 1885 wurde auf den 
Bericht des Justizausschusses (Dr. Neidhardt) über den Antrag Preußens, 
betreffend die Thronfolge im Herzogtum Braunschweig, beschlossen: 
1. die Ueberzeugung der verbündeten Regierungen dahin auszusprechen, daß 
die Regierung des Herzogs von Cumberland in Braunschweig, da derselbe sich 
in einem dem reichsverfassungsmäßig gewährleisteten Frieden unter Bundes- 
gliedern widerstreitenden Verhältnisse zu dem Bundesstaate befindet und im 
Hinblick auf die von ihm geltend gemachten Ansprüche auf Gebietsteile dieses 
Bundesstaates, mit den Grundprinzipien der Bündnisverträge und der Reichs- 
verfassung nicht vereinbar sei;
	        
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