Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Fünfter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1881-1900). (5)

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Staats- und Kriegsminister, Generallieutenant 
Bronsart v. Schellendorfft) 
(geboren 25. Januar 1832, gestorben 23. Juni 1891). 
In einer mir vorliegenden anonymen Schrift, in der das Facit der Wirk- 
samkeit dieses Kriegsministers zu ziehen versucht wird, heißt es: „Schon ein 
Blick auf das Armee-Verordnungsblatt aus den Jahren 1883 bis 1889 be- 
weist, welche Wandlungen die Armee während der Thätigkeit des bisherigen 
Kriegsministers durchgemacht hat; namentlich sind es die Verstärkung der Armee 
um zahlreiche Truppenkörper aller Waffen, sowie das neue Wehrgesetz; ferner 
die in so überraschender Weise erfolgte Einführung des Repetirgewehres, welche 
ohne Zweifel der Welt bislang den Frieden erhalten hat, desgleichen ander- 
weitige zahlreiche Veränderungen in der Organisation der Behörden und der 
Ausbildung der Truppen. Auch haben verschiedene Festungsstädte, zum Beispiel 
Magdeburg, Danzig und Coblenz dem General zu verdanken, daß ihre Wälle 
im Interesse der Entwickelung der Städte gefallen sind oder doch voraussichtlich 
1) Paul Bronsart v. Schellendorff, ein älterer Bruder des 1896 zurückgetretenen Kriegs- 
ministers, ist zu Danzig geboren; sein Vater war zuletzt Generallieutenant und Direktor 
des Militär-Oekonomiedepartements im Kriegsministerium. Nach dem Besuch des Kadetten- 
hauses zu Berlin trat er 1849 in das Kaiser Franz-Grenadierregiment Nr. 2 als Sekonde- 
lieutenant ein, besuchte später die Kriegsakademie, war Hauptmann und Compagniechef im 
2. Regiment zu Stettin, wurde 1861 zum großen Generalstab versetzt und war als Lehrer 
an der Kriegsakademie thätig. Als solcher avancirte er 1867 zum Major und lenkte durch 
seine Thätigkeit das Augenmerk des Königs auf sich. In dieser Zeit hatte er auch ein 
Kommissorium im Kriegsministerium. Während des Feldzugs 1870/71, zu dem er den Mobil- 
machungsplan entworfen und ausgearbeitet hatte, war er als Oberstlieutenant und Abteilungs- 
chef im Großen Generalstab im Hauptquartier des Kaisers beschäftigt. Als am 1. September 1870 
in Sedan die weiße Fahne aufgezogen wurde, erhielt er den Auftrag, in die Festung zu 
gehen, um die ersten Verhandlungen mit Napoleon zu führen. Nach dem Feldzug war er 
als Oberst Chef des Generalstabes des Gardecorps, wurde 1875 als Generalmajor Kom- 
mandeur der 1. Garde-Infanteriebrigade und 1881 Generallieutenant und Kommandeur 
der 2. Garde-Infanteriedivision. Vom 3. März 1883 bis 8. April 1889 war er als Nach- 
folger Kamekes preußischer Kriegsminister, um danach die Führung des I. Armeecorps zu 
übernehmen. General v. Bronsart hat sich auch durch verschiedene Schriften in militärischen 
Kreisen einen Namen gemacht. Als Lehrer an der Kriegsakademie veröffentlichte er die 
Schrift: „Ein Rückblick auf die taktischen Rückbkicke“, der in der Mitte der siebenziger Jahre 
„Der Dienst des Generalstabs im Frieden und im Krieg“" folgte, ein Werk, von dessen 
Bedeutung die Thatsache Zeugnis ablegt, daß seine Uebersetzung im englischen Heere amt- 
lich eingeführt wurde, und anfang 1891 erschien eine neue taktische Broschüre „Betrachtungen 
über eine zeitgemäße Fechtweise der Infanterie“, welche den verdienten General in seinen 
Anschauungen über die infanteristische Ausbildung als auf der Höhe der Zeit stehend zeigte. 
Nekrologe Bronsart v. Schellendorffs im „Militär-Wochenblatt“ Nr. 56 Jahrg. 1891 S. 1933, 
„Westdeutsche Ztg.“ Nr. 148 v. 29. 6. 91, „Ostpreußische Ztg.“ Nr. 144 v. 24. 6. 91 
u. Nr. 147 v. 27. 6. 91, „Vossische Ztg.“ Nr. 287 v. 24. 6. 91.
	        
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