II. Abschnitt.
Die neuen Bevollmächtigten zum Bundesrat.
1. Preußen.
Staatssekretär des Auswärtigen Amts Graf von Bismarck-
Schönhausen.
Eine von mir verfaßte biographische Skizze desselben findet man in dem von mir
herausgegebenen Bismarck-Portefeuille Bd. III. S. 89—146.
Wirklicher Geheimer Rat Reichardt,
zuletzt Direktor der handelspolitischen Abteilung des Auswärtigen Amts; zum
stellvertretenden Bundesrats-Bevollmächtigten ernannt 1886.
Derselbe darf in diesen Rahmen unter besonderer Hervorhebung der That-
sache einbezogen werden, daß er zu den wenigen „Mitarbeitern“ Bismarcks —
wie dieser sie bei günstiger Stimmung — oder „Geheimräten“ — wie er sie
in andern Fällen nannte — gehörte, welche während der ganzen Zeit der Leitung
der Regierung Preußens beziehungsweise des Reichs durch Bismarck unter diesem
thätig waren.
Im Januar 1862 unter dem Grafen Bernstorff als Assessor in das
preußische Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten eingetreten, schied er
gegen Ende des Jahres 1899 aus dem Dienste, nachdem er dem auswärtigen
Ressort nahezu 38 Jahre angehört und dessen handelspolitische Abteilung über
13 Jahre geleitet hatte.
In diese letztere Zeit fällt der Abschluß der wichtigsten der zurzeit geltenden
Handelsverträge des Reichs, die er zum Teil persönlich mitunterhandelt und
mitabgeschlossen, und deren grundlegende Prinzipien er stets, wo sich die Ge-
legenheit bot, sowohl überzeugungstreu vertreten hat, als auch für die deutschen
Interessen verwerten zu helfen bemüht gewesen ist.
Reichardt ist 1833 in Berlin geboren, 1) studirte hierselbst und in Heidelberg
1) Er ist der Sohn des durch seine zahlreichen, namentlich auch patriotischen Lieder,
vor allem durch das deutsche Vaterlandslied bekannten Komponisten Gustav Reichardt, dem
es vergönnt war, die Antwort auf die von ihm 1825 in Töne gesetzte Frage des Arndt'schen
Liedes „Was ist des Deutschen Vaterland“ noch zu erleben.