Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Fünfter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1881-1900). (5)

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Monate erlitten haben, Ausdruck und bat den Vorsitzenden, Seiner Majestät 
dem Kaiser die ehrfurchtvollste Teilnahme des Bundesrats auszusprechen. 1) 
Aus Bundesratskreisen wurde mir über die Anwesenheit Bismarcks in 
der Sitzung vom 21. Juni noch Folgendes berichtet:?) 
Die erste Sitzung des Bundesrats nach der Beisetzung Kaiser Friedrichs 
war, da Fürst Bismarck dieselbe eröffnete, von besonderem Interesse. Zu dieser 
Sitzung hatten sich, soweit ich mich erinnere, alle in Berlin anwesenden Bevoll- 
mächtigten, insbesondere auch alle preußischen Minister eingefunden. Als bis 
auf den Fürsten die Versammlung vollzählig zu sein schien, verließ Herr 
v. Boetticher den Saal — es war der alte Saal im Hause Wilhelm- 
straße 74 —, um den Fürsten einzuführen. Bald darauf wurde die Flügelthür 
weit geöffnet, und herein schritt der Fürst, begleitet von Herrn v. Beetticher. 
Er begrüßte die Versammlung durch leichtes Neigen des Hauptes und nahm, 
nachdem der hanseatische Gesandte mich vorgestellt hatte, unter respektvollem 
Schweigen der Bevollmächtigten im Präsidialsessel Platz. Der Fürst hielt nun- 
mehr eine Ansprache, welche auf die Anwesenden großen Eindruck machte. Er 
führte im wesentlichen aus, daß die Politik des Kaisers Wilhelm II. sich durchaus 
in der Bahn der Politik seines Großvaters und seines Vaters bewegen werde. 
Es sei ganz unrichtig, wenn man es unternehme, zwischen der Politik Kaiser 
Wilhelms I. und der Politik des Kaisers Friedrich einen grundsätzlichen Unter- 
schied zu statuiren. Der jüngstverstorbene hohe Herr habe nichts anderes gewollt 
als sein Vater vor ihm, und wenn es in der allerletzten Zeit manchmal den 
Anschein gehabt habe, als sei die Kontinuität der Kaiserlichen Politik unterbrochen, 
so erkläre sich dies aus bekannten Gründen. (Ich faßte diese Aeußerung damals 
dahin auf, daß der Fürst darauf habe hindeuten wollen, daß des todkranken 
Kaisers Willensfähigkeit so gut wie aufgehoben gewesen sei.) Die Kontinuität 
sei gewahrt geblieben, solange des Kaisers wirklicher Wille habe zum Ausdruck 
gelangen können. Er, Fürst Bismarck, bitte die Bevollmächtigten, dem Gerede, 
1) Nach der „Westdeutschen Ztg.“ hatte der Bundesrat eine Erklärung als Erwiderung 
auf die Kaiserliche Kundgebung bezüglich der Thronbesteigung des Kaisers Wilhelm, welche 
durch den Reichskanzler zur Mitteilung gelangte, vereinbart. Danach erklärten die ver- 
bündeten Regierungen der Mitteilung gegenüber ihre vollste Sympathie. Die Kaiserliche 
Versicherung bezüglich der Aufrechthaltung der Reichsverfassung und des durch dieselbe 
gewährleisteten Schutzes der vertragsmäßigen Rechte der einzelnen Bundesstaaten wie der 
Gesamtheit finde die einmütige Zustimmung der verbündeten Regierungen. Die Kaiserliche 
Absicht, in der innern wie in der auswärtigen Politik die Richtung der Vorgänger festzu- 
balten, gelte als ein Unterpfand für die gedeihliche Weiterentwicklung des Reiches und eine 
Bürgschaft des Friedens. Die verbündeten Regierungen brächten dem Kaiser Wilhelm 
volles Vertrauen entgegen und erwiderten die erhabenen Kaiserlichen Worte „mit der Ver- 
sicherung bundesfreundlicher Unterstützung und bereitwilliger Mitwirkung“. 
2) Zu vgl. auch ein Referat in dem „Berliner Tageblatt“ vom 22. 6. 88.
	        
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