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welche auf die Wirkung berechnet war, daß die Einfuhr nach Deutschland sich
immer mehr und mehr den deutschen Schiffen zuwende, anstatt ganz oder
teilweise auf fremden Schiffen vor sich zu gehen. Mosle hatte zu diesem
Zweck eine surtaxe d'entrepôt nach französischem Muster in Vorschlag ge—
bracht. 1) Eine Zeit lang schien es, als ob Mosle durchdringen würde. Allein
die Opposition war zu laut, und es galt damals, wichtigere und dringendere
Maßregeln auf wirtschaftlichem Gebiete durchzuführen. 2)
Im Juni 1884 trat die Frage der surtaxe d’entrepôt durch eine Pe-
tition wieder in die Diskussion, welche von den bedeutendsten Import= und
Exporthäusern Hamburgs dem Reichskanzler überreicht worden war. 3) Am
25. Juni 1884 erstattete der damalige Geheime Regierungsrat im Reichsschatzamt
Schraut dem Kanzler über die geschäftliche Behandlung dieser Petition Vor-
trag. 41) Das Ergebnis dieses Vortrags war der nachfolgende, von Schraut
verfaßte Artikel in der „Nordd. Allg. Ztg.“ (Nr. 30 v. 1. 7. 84), den
Bismarck vor dem Erscheinen genehmigt hatte:
„In einer an den Reichskanzler gerichteten Petition von sechzig am über-
seeischen Handel hervorragend beteiligten Hamburger Kaufleuten wird zur Aus-
gleichung der Zurücksetzungen, unter welchen der überseeische Handel Deutschlands
gegenwärtig infolge spezieller Einrichtungen konkurrirender fremder Staaten zu
leiden hat, die Erhebung von Zuschlagszöllen von solchen Waren außereuro-
päischen Ursprungs in Vorschlag gebracht, welche nicht direkt aus dem Ursprungs-
lande zur Einfuhr in das Deutsche Reich gelangen. Zur Begründung des
Vorschlags wird auf die großen Vorteile hingewiesen, welche aus dem in
Frankreich bestehenden System der surtaxe d’entrepôöt und aus den in
Oesterreich-Ungarn für die See-Einfuhr in Triest und Fiume gewährten Zoll-
begünstigungen für den Handel und die Schiffahrt dieser Länder in ihrer
Konkurrenz mit dem deutschen Handel erwachsen. Insbesondere wird dabei
der namhafte Aufschwung der Kaffee-Einfuhr in Havre in den speziell für den
deutschen Verbrauch geeigneten Sorten, vermöge dessen Havre sich zum ton-
angebenden europäischen Kaffeemarkt entwickle, hervorgehoben.
Daß die fortdauernde Steigerung der Einfuhr außereuropäischer Produkte
in Deutschland über nichtdeutsche Häfen schon wegen der dem Ausland für
seine Vermittlungsdienste zu gewährenden beträchtlichen Entschädigungen eine
ungesunde Erscheinung ist, und daß unter dem Mangel unmittelbarer Handels-
beziehungen mit den überseeischen Ländern auch unser Ausfuhrhandel empfindlich
1) Vergl. die „Nordd. Allg. Ztg.“ Nr. 379 und 395 v. 15. 8. u. 25. S. 78.
2) „Deutsche volkswirtschaftl. Korrespondenz“ Nr. 49 v. 25. 6. 84.
3) Zu vergleichen über diese Petition die „Nordd. Allg. Ztg.“ Nr. 323 v. 13. 7. 84,
die „Vossische Z#g.“ Nr. 291 v. 25. 6. 84, „Königsb. Hartungsche Ztg.“ Nr. 146 v.
24. 6. 84, „Deutsche volkswirtsch. Korrespond.“ Nr. 50 v. 28. 6. 84.
4) In Kohls Bismarck-Regesten nicht erwähnt.