Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Fünfter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1881-1900). (5)

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Gesetzen des Deutschen Reichs als Verbrechen oder Vergehen im Amt anzusehen 
ist; 2. ein Deutscher, welcher im Auslande eine landesverräterische Handlung 
gegen das Deutsche Reich oder einen Bundesstaat oder eine Beleidigung gegen 
einen Bundesfürsten begangen hat; 3. ein Deutscher, welcher im Auslande 
eine Handlung begangen hat, die nach den Gesetzen des Deutschen Reichs als 
Verbrechen oder Vergehen anzusehen und durch die Gesetze des Ortes, an 
welchem sie begangen wurde, mit Strafe bedroht ist. Die Verfolgung ist auch 
zulässig, wenn der Thäter bei Begehung der Handlung noch nicht Deutscher 
war. In diesem Falle bedarf es jedoch eines Antrages der zuständigen Be- 
hörde des Landes, in welchem die strafbare Handlung begangen worden, und 
das ausländische Strafgesetz ist anzuwenden, soweit dies milder ist. 
Nach der „Ostpreußischen Zeitung“ hatte der erwähnte Gesetzentwurf eine 
weittragende prinzipielle Bedeutung. „Nach den bisherigen strafgesetzlichen Be- 
stimmungen tritt in Deutschland wegen der im Auslande begangenen Verbrechen 
und Vergehen für Ausländer, welche nach der Strafthat ins Reichsgebiet flüchten 
— Hochverrat ausgenommen — keine Strafverfolgung ein. Der gleiche straf- 
rechtliche Grundsatz gilt in den meisten andern Staaten vice versq. Hieraus 
ergeben sich für die Strafrechtspflege sehr unangenehme praktische Konsequenzen, 
welche besonders in zwei zwischen Deutschland und Frankreich sich abspielenden 
Kriminalfällen vor kurzer Zeit zu Tage traten. Ein deutscher Postbeamter 
war nach Verübung von Unterschlagung amtlicher Gelder nach Frankreich ent- 
flohen, und das Verlangen unseres Auswärtigen Amtes, den Verbrecher zu 
verfolgen und auszuliefern, wurde seitens der französischen Behörde unter 
Hinweis darauf, daß es sich für sie um ein im Auslande begangenes Ver- 
brechen handle, abgelehnt. In einem andern reciproken Falle wurde von 
französischer Seite die Aushändigung einer Summe von circa 70 000 Franken, 
die ein aus Paris entflohener Banquier unterschlagen und nach Berlin mitgebracht 
hatte, wo sie der Polizei in die Hände fielen, gefordert, aber von der Staats- 
anwaltschaft abgelehnt, ebenfalls unter Berufung auf die strafgesetzliche Be- 
stimmung, wonach es sich hier um ein im Auslande begangenes Verbrechen 
handle. Die fragliche Summe wurde auf dem Auswärtigen Amte deponirt, 
wo sie sich heute noch befindet. Unser Auswärtiges Amt vermag dem Stand- 
punkt der Staatsanwaltschaft nicht entgegenzutreten; es kann sich indessen der 
Erwägung nicht verschließen, daß derartige exklusive strafrechtliche Bestimmungen 
der Anbahnung einer internationalen Strafrechtspflege, welche nicht nur das 
Ideal der Kriminalrichter ist, sondern auch ein sehr praktisches Mittel zur Her- 
stellung freundschaftlicher politischer Beziehungen unter den Staaten bietet, sehr 
im Wege stehen. Ein Vorgehen Deutschlands durch eine entsprechende Revision 
der bezüglichen Bestimmungen seines Strafgesetzbuches wird voraussichtlich nicht 
ohne Rückwirkung auf andre Staaten bleiben, wie ja wiederholt unser Straf- 
kodex andern Ländern zum Muster diente."“
	        
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