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Herzog lernte Bismarck im Jahre 1864 kennen, als eine Enquête über die
Beseitigung der Prüfungen bei Gewerbetreibenden veranstaltet wurde, die er zu
leiten berufen war. Bismarck interessirte sich für die Maßregel, die indessen
nicht zu stande kam. Anfangs Mai 1871 begleitete er Bismarck nach Frank-
furt a. M. zu den Friedensverhandlungen desselben mit Jules Favre als
Referent für die handelspolitischen Abmachungen. Herzogs Instruktion, die er
erhalten hatte, gelangte im wesentlichen zur Ausführung. Auf seinen Vorschlag
hin erklärte sich Bismarck bereit, auch Rußland unter diejenigen Staaten auf-
zunehmen, bezüglich deren die Meistbegünstigungsklausel gelten sollte. Wäre
dies nicht in den Vertrag aufgenommen, so könnte sich heute Frankreich und
Rußland auf handelspolitischem Gebiete noch weit mehr nähern, ohne zu
riskiren, dieselben Vorteile auch Deutschland einräumen zu müssen. Herzog
übergab Bismarck den Wortlaut der Vertragsbestimmung, wie sie in deutscher
Sprache lauten sollte. Bismarck übergab sie einem Rate, der die Uebersetzung
des Textes ins Französische herstellen sollte. Herzog erfuhr nichts mehr.
Am dritten Tage, als die Unterzeichnung des Vertrags stattfinden sollte,
etwa drei Stunden vor dem Akte, ließ sich Herzog bei Bismarck melden, um
noch einmal in der Sache Rücksprache zu nehmen. Zur großen Ueberraschung
Herzogs hatte Bismarck die französische Uebersetzung noch nicht in Händen.
Bismarck war schon bereit, den Vertrag auch ohne die handelspolitische Stipu-
lation abzuschließen, worauf Herzog, der die Sache geahnt haben mochte, sofort
eine solche Uebersetzung hervorzog und Bismarck übergab, die dann von diesem
auch dem Vertrage zu Grunde gelegt wurde. Als die französischen Unterhändler
daran noch etwas ändern wollten, wurde Bismarck sehr ungeduldig: „Wenn
Sie nicht wollen, so reise ich heute ohne Vertrag nach Berlin, und dann können
die Franzosen sehen, wie sie fertig werden.“ Als später noch einmal in handels-
1864 wurde er zum vortragenden Rat ernannt. Im Jahre 1867 fungirte Herzog als
Kommissar für die Ausstellung der Staaten des Norddeutschen Bundes in Paris und für
die internationale Münzkonferenz, 1868 wurde er zum Geheimen Ober-Regierungsrat er-
nannt und vertrat Preußen in der Rheinschiffahrt-Zentralkommission; 1870—1871 führte
er den Vorsitz in der vom Bundesrat berufenen Kommission für die weitere Ausbildung
der Statistik des Zollvereins. Im September 1871 erfolgte seine Ernennung zum Wirk-
lichen Geheimen Ober-Regierungsrat und Direktor der damals im Reichskanzler-Amt
eben gebildeten Abteilung für Elsaß-Lothringen. Als im Juni 1876 nach dem Aus-
scheiden des Ministers Delbrück das Reichskanzler-Amt für Elsaß-Lothringen eingerichtet
wurde, wurde Herzog zum Unterstaatssekretär desselben ernannt, kurz zuvor war seine Be-
rufung in den Bundesrat erfolgt. Während des Winters 1878/79 leitete er die Reichs-
enquête für die Baumwollen= und Leinen-Industrie, und im Juli 1879 nach Erlaß des
Gesetzes, welches die Verfassung und Verwaltung von Elsaß-Lothringen neu regelte, wurde
er als Staatssekretär mit dem Range eines Staatsministers und dem Prädikat Excellenz
an die Spitze des neuen Ministeriums berufen, aus welcher Stellung er am 14. Juli 1880
schied, um sich ins Privatleben zurückzuziehen.