Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Fünfter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1881-1900). (5)

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2. Bayern. 
Staatsminister des Königlichen Hauses und des Aeußern 
Dr. Freiherr v. Crailsheimi) 
(ef. Bd. IV S. 309). 
Regierungsrat Herrmann2) 
(geboren 23. Februar 1836 zu Weiden, Oberpfalz). 
Im Jahre 1878 zum stellvertretenden Bevollmächtigten zum Bundesrat 
ernannt, trat derselbe gerade in jener Zeit in den Bundesrat ein, als Bismarck 
die deutsche Handelspolitik in neue Bahnen drängte. Im großen und ganzen 
war der Bundesrat bis dahin freihändlerisch gesinnt — die Vertreter Preußens 
miteinbegriffen. Herrmann gehörte zu den wenigen Mitgliedern des Bundesrats, 
die an die volkswirtschaftlichen Fragen ohne vorgefaßte Meinung herantraten, 
und der mit großem Geschick und Sachkenntnis jener Wirtschaftspolitik zum 
1) Die „Kölnische Zeitung“ schrieb in der Nr. 728 vom 31. Juli 1898: Herr 
v. Crailsheim ist ein Bewunderer des Begründers des Deutschen Reiches, ohne daß er aber 
diesen häufiger gesehen hatte und ohne daß die Beziehungen besonders freundschaftlich oder 
berzlich gewesen, etwa entsprechend denjenigen zwischen Bismarck und dem jetzigen Reichs- 
kanzler, oder auch zwischen Bismarck und Crailsheims Vorgänger, Herrn v. Lutz. Als aber 
der bereits gestürzte Bismarck nach der Hochzeit seines Sohnes Herbert von Wien aus das 
ihm begeistert zujubelnde München besuchte, gehörte Herr v. Crailsheim zu den wenigen 
bochstehenden Personen der bayerischen Hauptstadt, die nicht vor der Ankunft des in Un- 
gnade gefallenen, ungebärdig übersprudelnden Titanen Reißaus nahmen. Aus dem Bis- 
marckschen Kreise heraus ließ man damals durch einen nichtbayerischen Schriftsteller sondiren, 
ob ein Besuch dem Ministerpräsidenten genehm sein würde. Trotzdem kam dieser Besuch 
so unerwartet, daß Herr v. Crailsheim, als die brausenden Hochrufe der Menge die An- 
fahrt des Bismarckschen Wagens verkündeten, nicht einmal seinen Arbeitsrock zu wechseln 
vermochte. Bismarcks Höflichkeit wurde mit gleicher Herzlichkeit erwidert, und wer in den 
nächsten Tagen Gelegenheit hatte, Herrn v. Crailsheim zu sprechen, konnte deutlich beraus- 
hören, wie sehr die damalige Volksbegeisterung auch den Ministerpräsidenten ergriffen hatte. 
Crailsheim gedachte Bismarck Ende Juli, wenige Tage vor dessen Ableben, zu besuchen. 
In Hamburg eingetroffen, erhielt derselbe einen Brief des Grafen Rantzau, in welchem 
dieser im Auftrage Bismarcks den Minister bat, von seinem Besuche in Friedrichsruh gütigst 
Abstand nehmen zu wollen. Die Zeitungsnachrichten über das Befinden Bismarcks seien 
zwar übertrieben, aber der Fürst fühle sich recht angegriffen, und Geheimrat Schweninger 
halte absolute Rube für durchaus geboten. Fürst Bismarck habe den Grafen Rantzau 
außerdem beauftragt, dem Freiherrn v. Crailsheim sein berzliches Bedauern darüber aus- 
zusprechen, daß er jetzt auf die Freude verzichten müsse, den Freiherrn bei sich zu sehen 
und mit ihm über alte Zeiten zu sprechen. Der Fürst hoffe aber, daß der Minister nach 
seiner Rückkehr nach Hamburg ihn mit seinem Besuch beehren werde. 
2) ef. Bd. III S. 344.
	        
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