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bar, über welche immensen Kräfte die seit 1866 eingeführte vortreffliche
preußische Organisation selbst in Bayern schon zu bieten gestattet; außer den
in Frankreich stehenden zwei Armeecorps von 60000 Mann stehen im Lande
noch ebensoviel vollkommen ausgerüstete und einexerzierte Ersatz- und Landwehr—
truppen jeden Augenblick bereit, nach Frankreich auszurücken oder, wenn nötig,
gegen Oesterreich Front zu machen. Gleiches ist in Baden und Württemberg
der Fall; von Norddeutschland gar nicht zu reden.“
Rudhardt fragte in seinem Briefe, ob Westenberg nun eingesehen habe, daß
er (Rudhardt) sich bei seiner Voraussetzung der möglichen Kriegschancen nicht
getäuscht habe.
3. Königreich Sachsen.
Minister Freiherr v. Friesen
(ef. Bd. 1 S. 62 ff.).
Ein Brief Bismarcks an den Minister Freiherrn v. Friesen: 1)
Varzin, 22. Juli 1869.
Euer Excellenz
fühle ich nach Einsicht der jüngsten Dresdener Berichte das Bedürfnis direkt
zu schreiben, weil ich auf die Einzelheiten der amtlichen Korrespondenz von
hier aus keinen kontrollirenden Einfluß zu üben vermag und ich unsere persön-
lichen Beziehungen nicht den unsichern Einwirkungen überlassen mag, welche
Uebertragungen durch eine Anzahl vermittelnder Organe darauf üben könnten.
Wenn Gr. Beust, wie man in Berlin glaubt, die Absicht gehabt hat, durch
Publikationen fingirter Depeschen Mißtrauen zwischen Ihnen und mir zu säen,
so versichere ich, daß bei mir ein derartiger Versuch gar keinen Boden findet,
auf dem er haften könnte, und bitte ich Sie, auch Ihrerseits jeder Andeutung
den Glauben versagen zu wollen, welche den Zweck oder die Folge haben könnte,
uns die Aufgaben zu erschweren, die wir in gegenseitigem Vertrauen und bisher
mit gutem Erfolge gemeinsam zu lösen bestrebt sind.
Mit der Versicherung meiner unwandelbaren freundschaftlichen Verehrung
bin ich
« v. Bismarck.
Ein Brief des Freiherrn v. Friesen an Bismarck:)
Durchlauchter, hochgeborener Fürst!
Hochgeehrter Herr Reichskanzler!
Seine Majestät der Deutsche Kaiser und König von Preußen haben mir
bei Allerhöchstihrer Anwesenheit in Dresden in der gnädigsten und wohlwollendsten
1) Kohls Bismarck-Jahrb. Bd. VI S. 206 entnommen.
2) Kohls Bismarck--Jahrb. Bd. VI S. 208 entnommen.