Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Fünfter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1881-1900). (5)

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Die Bundesstaaten, die nur je eine Stimme im Bundesrat führen, sind 
siebzehn, und wenn ich die Hansestädte, die im Vergleich zu den anderen eigen- 
artig sind, abziehe, sind es vierzehn. Und vierzehn Stimmen im Bundesrat 
sind eine gewichtige Stimmenzahl, wenn sie sich zusammenhalten. Vierzehn 
Stimmen zu den preußischen geben Preußen immer die Majorität; die übrigen, 
nach Abzug der preußischen, betragen vierundzwanzig. Der Bundesrat ist also 
gewissermaßen in drei Kategorien geteilt, erstens in die kleinen Staaten mit je 
einer Stimme, in Preußen mit siebzehn Stimmen und die Mittelstaaten mit 
vierundzwanzig Stimmen. Welches Gewicht liegt also in den kleinen Staaten! 
Ich wundere mich, daß sich in ihnen allen noch kein Politiker fand, der sich 
dasselbe zu Nutzen gemacht hätte. 
* 
2. Recht der Linzellandkage auf die Haltung der Stimme des betreffenden 
Staates im Bundesrat. 
Unserer Ansicht nach ist im Interesse der verfassungsmäßigen Entwicklung 
des Deutschen Reiches eine lebhaftere Beteiligung der Einzellandtage an dem 
Verhalten und der Abstimmung ihrer Regierungen im Bundesrat ein Bedürfnis. 
Die Gründe, welche dagegen angeführt werden, bewegen sich auf dem Gebiet 
von allgemein gehaltenen Bedenken über ein mögliches Gegeneinanderwirken 
verschiedener Einzellandtage in Reichsangelegenheiten und über angebliche Ein- 
griffe in die Thätigkeit des Reichstags. Um letzteren handelt es sich in dieser 
Frage überhaupt nicht, sondern nur um Einwirkungen der Landtage auf das 
Verhalten ihrer Regierung im Bundesrat. Daß die Landtage hierzu berechtigt 
sind, wird von niemand ernstlich bestritten, und man sollte den Regungen 
aktiver Beteiligung der Landtage an der bundesrätlichen Reichspolitik um so 
weniger Hindernisse in den Weg legen, als die parlamentarische Einwirkung 
auf die bundesrätlichen Beschlüsse schon durch die Geheimhaltung der Abstimmungen 
im Bundesrat wesentlich erschwert ist. Sie würde wirksamer sein, wenn die 
Verhandlungen im Bundesrat wenigstens insoweit öffentlich wären, daß die 
Abstimmungen und Anträge jeder einzelnen Regierung amtlich rechtzeitig bekannt- 
gegeben würden, und wenn die Regierungen ihrerseits Wert darauf legten, sich 
bei ihren Abstimmungen im Bundesrat mit ihren Landesvertretungen in Ueber- 
einstimmung zu halten. Es würde dann so leicht nicht vorkommen, daß die 
bundesrätlichen Vorlagen für den Reichstag Ueberraschungen oder Zwangslagen 
herbeiführten, und nicht bloß die Landtage, sondern alle Teile der Nation 
würden in der Lage sein, die bundesrätlichen Beschlüsse mit ihrer Zustimmung 
bis zur Vorlage an den Reichstag zu begleiten und zu kontrolliren. 
Die Abneigung der Regierungen und zum größeren Teile auch ihrer Land- 
tage gegen Verhandlung von reichspolitischen Fragen in den Landtagen halten
	        
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