Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Fünfter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1881-1900). (5)

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ersterer sich für die Art und Weise, wie der Anteil des Landes an der Reichs— 
politik ausgeübt wird, lebhaft interessirt. Die ganze Stellung des 
Bundesrats im Reiche würde an Wichtigkeit gewinnen, wenn die 
Minister der Einzelstaaten, von denen die Bevollmächtigten zum Bundesrat die 
Instruktion erhalten, letztere auch persönlich vor der eigenen Kammer zu vertreten 
hätten, und wenn das öffentliche Interesse dafür durch Diskussion stärker als 
bisher wachgerufen würde. Der Verkehr der Einzelstaaten mit dem Bundesrat 
wird unserer Ansicht nach zu vorwiegend vom diplomatischen Standpunkt aus 
behandelt, also als eine auswärtige Angelegenheit für den einzelnen Bundesstaat. 
Wir halten diese Auffassung für unzutreffend. Es ist eine innere und nationale 
Angelegenheit, die dabei vorliegt. 
Dem preußischen Herrenhause ist durch unzweckmäßige Behandlung und 
unzulängliche Beteiligung die Bedeutung, die es nach der preußischen Verfassung 
ursprünglich haben sollte, und die die frühere preußische Kammer ihrerzeit un- 
bestritten gehabt hat, zum großen Teile verloren gegangen, und es wäre ein 
großer Schaden für unsere Reichsinstitutionen, wenn schließlich das Gewicht des 
Bundesrats im Reiche auch auf dem parlamentarischen Gebiete sich in analoger 
Weise abminderte wie das des Herrenhauses in Preußen. Wir sagen aus- 
drücklich „auf parlamentarischem Gebiete“, denn daß hinter dem Bundesrat die 
gesamten deutschen Regierungen, einschließlich der preußischen, mit ihrer mili- 
tärischen Macht stehen, ist eine Thatsache, die schon außerhalb des parlamentarischen 
Gebietes liegt. Bei der Handhabung und Entwicklung der inneren Verfassung 
bleibt der Appell an die Gewalt die ultima ratio, mit deren Anwendung die 
Bedeutung der Volksvertretung und das Gleichgewicht der parlamentarischen 
Institutionen aufhört. 
Das Imponderabile in der Bedeutung des Bundesrats sollte nach der 
Absicht der Verfassung parlamentärisch stärker in Wirkung treten, als dies bisher 
unseren Eindrücken nach der Fall ist. Ein unentbehrliches Requisit hierfür aber 
ist eine starke Teilnahme der öffentlichen Meinung des deutschen Volkes an den 
Verhandlungen des Bundesrats, und die kann zunächst und ohne Verfassungs- 
änderung nur durch eine stärkere Beschäftigung der deutschen Landtage mit der 
Reichspolitik angestrebt werden, denn zur Herstellung der Oeffentlichkeit der 
Bundesratsverhandlungen würde eine Verfassungsänderung notwendig sein, von 
der wir nicht wissen, ob sie erreichbar ist. 1) 
* 
1) „Hamb. Nachr.“ vom 21. Februar 1896; ef. Ihs. Penzler a. a. O., Bd. VII, 
S. 37. Der dieselbe Frage behandelnde Artikel der „Hamb. Nachr.“ vom 19. Februar 1896 
ist in das Penzlersche Werk nicht aufgenommen, kommt also für unseren Zweck nicht in Frage. 
Wohl aber ist auf Bismarck wieder zurückzuführen der Artikel der „Hamb. Nachr.“ vom 
28. Juni 1897, ef. Johs. Penzler a. a. O., Bd. VII, S. 327. Da derselbe die in dem 
oben stehenden Artikel enthaltenen Ausführungen zum Teil wörtlich wiedergiebt, so konnte 
von einem Abdruck hier Umgang genommen werden.
	        
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