Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Fünfter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1881-1900). (5)

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hätte; würde ein solcher Kanzler ohne preußische Stimmführung verfassungs- 
mäßig in der Möglichkeit sein, Präsidialanträge einzubringen? 
Abgesehen von einer solchen Fiktion ist die Thatsache, daß die Verfassung 
und ihr legislativer Apparat Präsidialvorlagen als integrirenden Teil unserer 
Gesetzgebung nicht kennt, sondern nur „Anträge von Mitgliedern“ (Art. 7), 
und „Mitglied“ ist eben nach Art. 1 Preußen, nicht aber das Präsidium an 
sich und als solches. Wenn nun aber der stimmführende preußische Bevoll- 
mächtigte, nach bisherigem Brauche, mit dem Reichskanzler identisch ist, so ist 
ja schon dadurch für ihn jede Möglichkeit, gegen eine von ihm selbst eingebrachte 
Gesetzvorlage zu votiren, ausgeschlossen, und das Einbringen der Präsidialvor- 
lage schließt bei dieser Sachlage die preußische Zustimmung zu derselben schon 
in sich und setzt die preußischen Minister, welche aus wirtschaftlichen oder 
politischen Gründen die lediglich militärisch erwogene Vorlage angebrachter 
Maßen für unrichtig halten, in die Zwangslage, zu schweigen oder zu 
gehen. 1) 
1) „Hamburger Nachrichten“ vom 11. Oktober 1892; bei Johs. Penzler Bd. IV. 
S. 176 a. a. O. 
 
	        
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