Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Fünfter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1881-1900). (5)

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folgen; zunächst ein von ihm an einen befreundeten Wahlmann gerichtetes 
Schreiben, worin er das Votum derjenigen Freikonservativen rechtfertigt, welche 
mit ihm für das von Bismarck lebhaft gewünschte kirchenpolitische Gesetz, be- 
treffend die Verlängerung der diskretionären Vollmachten der Regierung, stimmten. 
Das Schreiben lautete: 
Bromberg, den 8. April 1882. 
Verehrter Freund! 
Sie wünschen die Gründe kennen zu lernen, welche mich veranlaßt haben 
mit einem Teile der Fraktionsgenossen bei der Beratung des kirchenpolitischen 
Gesetzes gegen einzelne Artikel des von Rauchhauptschen Antrages, nach deren 
Annahme aber bei der Schlußabstimmung für das ganze Gesetz zu stimmen. 
Ich erfülle um so bereitwilliger Ihren Wunsch, als ich dadurch Gelegenheit 
erhalte, den Verdächtigungen entgegenzutreten, welche man an die Abstimmung 
der Minderheit der freikonservativen Fraktion, speziell an die meinige, geknüpft 
hat. Sie wissen aus vielfachen Unterredungen, wie ich über unsere kirchen- 
politischen Wirren denke. Nie würde ich meine Hand dazu bieten, die eigent- 
lichen Bollwerke niederzureißen, welche unsere Gesetzgebung zum Schutze der 
staatlichen Autorität gegen hierarchische Uebergriffe aufgerichtet hat. Aber ich 
verkenne keinen Augenblick, daß die Maigesetzgebung eine Anzahl von Bestimmungen 
enthält, die über den Zweck, dem Staate eine unangreifbare Defensivstellung zu 
sichern, weit hinausgehen und gewissermaßen in der Hitze des Kampfes erlassen 
sind, lediglich um den Gegner Wunden zu schlagen. Die Härten und Ueber- 
treibungen dieser Kampfgesetze, welche wir bis zum Abschluß eines dauernden 
Friedens leider nicht ganz werden entbehren können, im Interesse unserer deutschen 
Mitbürger katholischer Konfession zu mildern, giebt es nur ein Mittel: die Er- 
teilung diskretionärer Vollmachten an die Staatsregierung. Letzterer muß die 
Möglichkeit gewährt werden, unter Umständen von der buchstabenmäßigen An- 
wendung gewisser unnötig schroffer Bestimmungen Abstand zu nehmen. Wie 
im Jahre 1880, wo ich infolge meiner damaligen Stellung über die Motive 
und Ziele der Staatsregierung genau unterrichtet war, stehe ich daher auch 
heute voll und ganz auf dem Boden der Regierungsvorlage. 
Das Gesetz über die diskretionären Vollmachten vom 14. Juli 1880, 
welches am 1. Januar d. J. außer Wirkung getreten ist, kam gegen die Stimmen 
des Zentrums, durch einen Kompromiß zwischen den Konservativen und den 
Freikonservativen und der Mehrheit der Nationalliberalen zu stande. Auch jetzt 
hätte ich gewünscht, daß ein Zusammenwirken dieser drei Fraktionen zu erzielen 
gewesen wäre. Nach der unbegreiflichen Haltung aber, welche die Mehrheit der 
Nationalliberalen (ihre wirklichen Führer verließen den Sitzungssaal) bei der Ab- 
stimmung über die Wiedereinrichtung einer Gesandtschaft beim römischen Stuhle 
einnahmen, war hieran nicht mehr zu denken. Sollte überhaupt ein Gesetz zu 
stande kommen, so war dies nur unter Wirkung des Zentrums möglich. Auf
	        
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