Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Fünfter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1881-1900). (5)

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Lage begründeten Gefahren vorübergehender und dauernder Erwerbsunfähigkeit 
zuerst betonte, so ist Lohmann unstreitig der Mann, der zuerst die Wege 
wies, wie der vom Kanzler gehegte Plan zur Ausführung gebracht wer— 
den könne. 
Bismarcks Aktion ging aus von dem Gedanken, die Industrie von den 
Unzuträglichkeiten des Haftpflichtgesetzes durch eine gesetzlich geregelte Unfall- 
versicherung zu befreien. Damit verband sich dann der in der Begründung 
des ersten Unfallversicherungs-Gesetzentwurfs zum Ausdruck gebrachte Gedanke, 
daß der Arbeiter durch vom Staat ausgehende Fürsorge den Einflüssen der 
Sozialdemokratie entzogen und mit der bestehenden Staats= und Gesellschafts- 
ordnung versöhnt werden müsse. Unter Lohmanns Feder haben sich Bismarcks 
Gedanken zuerst zu Gesetzentwürfen verdichtet. 
Als die Arbeiterversicherung im Herbst 1880 in Fluß kam, 1) war Loh- 
mann Decernent in Arbeiterangelegenheiten. Als solcher wurde er in dem 
damals Bismarck unterstehenden preußischen Handelsministerium von Bismarck 
mit der Ausarbeitung des ersten Gesetzentwurfes über die Unfallversicherung 
betraut. Aeußerlich trat die Wirksamkeit Lohmanns in dieser Frage zum 
erstenmal hervor in der ersten Sitzungsperiode des preußischen Volkswirtschafts- 
rats während der Zeit vom 27. Januar bis 11. Februar 1881. Hier fungirte 
derselbe als Kommissar der Staatsregierung bei der Beratung des Gesetz- 
entwurfs, betreffend die Versicherung der in Bergwerken, Fabriken und anderen 
Betrieben beschäftigten Arbeiter gegen die Folgen der beim Betriebe sich er- 
eignenden Unfälle, und ebenso bei dem Gesetzentwurf, betreffend die Abänderung 
der Gewerbe-Ordnung.2) 
Bei Beratung des erstgedachten Gesetzentwurfs im Reichstag sprach der 
inzwischen in das Reichsamt des Innern getretene und zum Bevollmächtigten 
zum Bundesrat ernannte Geheimrat Lohmann elfmal. 
Der Entwurf, wie er aus dem Reichstag zurückkam, wurde von dem 
Bundesrat abgelehnt, nachdem Bismarck ihn als nicht acceptabel befunden hatte. 
Maßgebend für die Entschließung Bismarcks war nicht allein der Umstand, daß 
der Reichstag den Staatszuschuß gestrichen hatte. Für Bismarck war ent- 
scheidend neben der Belastung der Anstaltsverwaltung mit einer Unmasse von 
kleinen Geschäften der schon damals auftretende Wunsch, die Versicherung ge- 
nossenschaftlich zu organisiren. 
vortragenden Rat ernannt, vortragender Rat in der wirtschaftlichen Abteilung des Reichs- 
amts des Innern, bis 1. April 1881 im Nebenamt, von da an im Hauptamt; seitdem 
auch Bevollmächtigter zum Bundesrat, seit Juni 1891 Ministerialdirektor und seit 
Mai 1892 Unterstaatssekretär im Handeleministerium. 
1) Schon längst vorher war im preußischen Handelsministerium die Frage einer 
Neuregelung der Haftpflicht in Verbindung mit der Unfallversicherung vorbereitet. 
2) Vergl. die Protokolle über die gedachten Sitzungen, Session 1881 S. 39.
	        
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