Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Fünfter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1881-1900). (5)

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Die Zeitungen haben sehr unrecht gethan, hier von einem „Konflikt“ 
Bismarcks mit Lohmann zu sprechen. Der Reichskanzler kann doch höchstens 
in eine Meinungsverschiedenheit mit einem Rate seines Ministeriums gelangen, 
und wenn dieselbe nicht beglichen wird, so ergiebt es sich von selbst, daß eine 
Referatsvertauschung eintritt, da doch keinem Beamten zugemutet werden kann, 
eine Vorlage gegen seine Ueberzeugung auszuarbeiten und zu vertreten. 
Direktor des Allgemeinen Kriegs-Departements im Kriegs— 
ministerium, Generalmajor von Hänisch. 
General Hänisch erhielt die Stelle des Departements-Direktors im Kriegs- 
ministerium erst unter dem Kriegsminister von Bronsart I. als Nachfolger von 
Verdy, nachdem er bis dahin Chef des Generalstabs des VIII. Armeecorps ge- 
wesen und einige Monate die 28. Kavallerie-Brigade in Karlsruhe kommandirt 
hatte. Er hatte sich bis dahin im Generalstabs= und Frontdienst besonders 
bewährt und besaß den Ruf eines im praktischen wie im Verwaltungsdienst 
wohlerfahrenen Offiziers. Da er von Natur zurückhaltend und wenig geneigt 
war, sich in den Vordergrund zu stellen, andrerseits aber durch Klarheit, Ruhe 
und Bestimmtheit des Urteils sowie durch große Routine im geschäftlichen Ver- 
kehr sein militärisches Ansehen fest begründet hatte, wurde seine Berufung in 
das Kriegsministerium allseitig als eine glückliche Wahl betrachtet. Er besaß 
das volle Vertrauen des Kriegsministers von Bronsart I., der seinen geraden 
Charakter und seine Arbeitskraft sehr hoch einschätzte. 
Hänisch wirkte im Bundesrat, bis er im Jahre 1887 anderweitig plazirt 
wurde. Als derselbe im Jahre 1896 als kommandirender General des 
IV. Armeecorps seinen Abschied nahm, wurde er durch die Verleihung des 
Schwarzen Adler-Ordens ausgezeichnet. Was nun seine Thätigkeit im Bundes- 
rat und Reichstag anlangt, so sind Zwischenfälle von ihm dabei nicht herbei- 
geführt worden. Bei seiner Abhängigkeit vom Kriegsminister mußte er wohl 
auch immer nur streng sachlich bleiben und dürfte für parlamentarische Er- 
örterungen überhaupt keine Vorliebe gehabt haben. Im Plenum des Bundes- 
rats vertrat gewöhnlich der Kriegsminister die militärische Stimme Preußens. 
Da die in Vertretung desselben dort erscheinenden Departements-Direktoren an 
dessen Weisungen gebunden sind, wird ihre Thätigkeit als eine irgendwie ent- 
scheidende oder politisch hervortretende kaum zu bewerten sein. Dasselbe gilt 
für die seltenen Fälle, in denen der Kriegsminister mit den Departements- 
Direktoren und Kommissaren zur Besprechung von Etatsfragen im Bundesrat 
erscheint. 
  
  
„Vossische Zeitung“ Nr. 551 v. 24. 11. 83, „Deutsches Tageblatt“ Nr. 321 v. 25. 11. 83, 
„Frankfurter Zeitung“ Nr. 350 v. 26. 11. 83, „Königsberger Hartungsche Zeitung" 
Nr. 277 v. 27. 11. 83.
	        
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