III. Abschnitt.
Aus der Werkstatt des Bundesrats.
1. Reichsgesetzgebung (Art. 4 und 5 der Verfassung).
Beseitigung der obligatorischen Zivilehe. Dem Bundesrat
lag seit 1881 eine von der kirchlichen Konferenz in Mecklenburg-Strelitz ab-
gesandte Petition wegen Beseitigung der obligatorischen Zivilehe zur Beschluß-
fassung vor. Der Justizausschuß, welchem die Petition zur Beratung über-
wiesen war, lehnte es ursprünglich ab, in eine materielle Beratung derselben
einzutreten. Als die Sache vor das Plenum des Bundesrats kam, stellte der
mecklenburg-strelitzsche Bevollmächtigte den Antrag: „Der Bundesrat wolle —
in Erwägung, daß die durch die Einführung der obligatorischen Zivilehe her-
vorgerufenen vielfachen Unzuträglichkeiten eine Revision des Gesetzes vom
6. Februar 1875 im Sinne einer Beseitigung der obligatorischen Zivilehe als
geboten erscheinen lassen — die Eingabe dem Herrn Reichskanzler mit dem
Ersuchen überweisen, dem Bundesrat einen Entwurf zur Abänderung des ge-
nannten Gesetzes zugehen zu lassen, eventuell die Eingabe dem Herrn Reichs-
kanzler zur Berücksichtigung zu überweisen.“ Auf Anregung des oldenburgischen
Bevollmächtigten wurden diese Anträge dem Justizausschusse überwiesen.
In der Sitzung vom 14. Dezember 1882 berichtete der bayerische
Ministerialrat Kastner namens des Justizausschusses über die Anträge, worauf
der Bundesrat gemäß dem Antrage des Ausschusses mit Stimmenmehrheit
beschloß, der vorgedachten Eingabe beziehungsweise dem vorgelegten Antrage keine
Folge zu geben. Der Beschluß des Bundesrats übte auf die Agitation der
Orthodoxen eine niederschlagende Wirkung aus. )
Aufhebung des Internirungsgesetzes. In der Sitzung vom
5. Juli 1882 beschloß der Bundesrat, dem von dem Reichstag in der Sitzung
1) Bundesratsbeschluß vom 19. Dezember 1882, betr. die Abänderung der Bestim-
mungen über die Aufnahme von Uebersichten über die Erwerbung und den Verlust der
Reichs= und Staatsangehörigkeit, s. „Nordd. Allg. Zig.“ Nr. 58 v. 4. 2. 83 und Nr. 139
v. 24. 3. 83.