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eines Tages seine Verwunderung darüber ausgedrückt, daß die betreffenden Ver—
öffentlichungen im Gesetzblatt erfolgten, mit dem sie in der That nichts gemein
haben. Seitdem erfolgt die Bekanntmachung der Bevollmächtigten im „Reichs-
und Staats-Anzeiger“. Auch därin ist später eine Aenderung eingetreten, so daß
jetzt nur noch die Namen der neu ernannten Bevollmächtigten zum Bundes-
rat publizirt werden, während ehedem jedes Jahr die ganze Liste der Bevoll-
mächtigten zur Veröffentlichung gelangte.
Einen bedeutenden Zuwachs von Geschäften erhielt der Bundesrat durch
das Gesetz, betreffend die Vereinigung von Elsaß-Lothringen mit dem Deutschen
Reiche, vom 9. Juni 1871 (Gesetzbl. für Elsaß-Lothringen S. 1), wonach bis
zum 1. Januar 1873 das gesamte Gesetzgebungsrecht für Elsaß und Lothringen
vom Kaiser mit Zustimmung des Bundesrats ausgeübt werden sollte. Da der
Reichstag von der Mitwirkung bei dem bezüglichen Gesetze ausgeschlossen war,
so war die Verantwortung des Bundesrats eine doppelt große. Der Bundes-
rat bestellte zur gründlichen Vorberatung der für die Reichslande bestimmten
Gesetze einen eigenen Ausschuß, und außerdem beliebte er, die einschlägigen Gesetze
nicht in den gewöhnlichen Sitzungen zu erledigen, sondern in solchen, die aus-
schließlich den elsaß-lothringischen Vorlagen gewidmet waren. Infolge dessen
konnte man von einem Bundesrat für Elsaß-Lothringen sprechen,
dessen Sitzungen 1) sich allerdings meist an die ordentlichen Sitzungen des Bundes-
rats anschlossen. Indessen kam es auch vor, daß für elsaß-lothringische An-
gelegenheiten besondere Bundesratssitzungen anberaumt wurden. Es mögen im
Jahre 1871 etwas über 10 gewesen sein, im Jahre 1872 vor Schluß der
Session des Deutschen Bundesrats (9. März) 3 Sitzungen.
In der Sitzung vom 21. Februar 1871 vollzog der Bundesrat die Wahlen
für die Ausschüsse III— VIII sowie die für die Geschäftsordnung und für die
Verfassung. Die Mitglieder des I. und II. Ausschusses (für das Landheer und
die Festungen und für das Seewesen) ernennt der Bundesfeldherr mit Ausnahme
des ständigen Mitglieds für Bayern im I. Ausschusse. Die zuerst genannten
Ausschüsse wurden in folgender Weise zusammengesetzt:)
III. Ausschuß für Zoll= und Steuerwesen. Preußen: der
Staats= und Finanzminister Camphausen, und in dessen Behinderung der General-
direktor der indirekten Steuern Hasselbach, Bayern: der Ministerialrat Berr,
Sachsen: der Appellationsgerichtspräsident Kslemm, Württemberg: der
Ober-Finanzrat Riecke, Baden: der Ministerialrat Eisenlohr, Mecklenburg-
1) Vgl. hinsichtlich der Sitzungen des Bundesrats für Elsaß-Lothringen die „Nord-
deutsche Allgemeine Zeitung“ Jahrg. 1871 Nr. 154, 158, 219, 229, 257, 289, 302,
Jahrg. 1872 Nr. 5, 22, 33.
2) Vgl. die „National-Zeitung“ Nr. 98 vom 26. Februar 1871, Nr. 118 vom 10. März
1871, Nr. 493 vom 21. Oktober 1871 und die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ Nr. 48
vom 25. Februar 1871, Nr. 60 vom 11. März 1871, Nr. 248 vom 24. Oktober 1871.