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Gladstone dem damaligen Chef der Admiralität zugedacht war. Wenn die KFrei-
sinnigen“ heute sich dagegen verwahren, daß sie jemals an einen Reichskanzler
v. Stosch gedacht haben, so ist das wohl verständlich, aber hübsch ist es nicht,
daß sie nun, nachdem sie ihren Kandidaten für politisch tot erklärt haben, ihn
als einen Konservativen und daher für die Stellung eines Reichskanzlers un-
fähigen General hinstellen. Auch wird ihnen eine solche Verdunkelung der
Thatsachen schwerlich gelingen. Daß Herr v. Stosch ihr Kandidat war, ist
eine zu gut beglaubigte Thatsache, und die Behauptung, der genannte General
sei die Hoffnung der Konservativen gewesen, ist mit besonderem Ungeschick er-
funden."“
Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ entnahm bald darauf an leitender
Stelle aus dem „Rhein= und Naheboten“ vom 17. Juli einem die Kandidatur
zum Reichstag in Bingen-Alzey betreffenden Briefe des Dr. v. Schauß (vom
7. Juli) einen längeren Auszug, in welchem es unter anderem hieß: „Damals
(1879) habe ich den Abgeordneten Herrn Rickert, der nun wieder Hauptredner
in Sprendlingen war, nicht einmal, sondern wiederholt äußern hören, nun müsse
ernstlich an die Entfernung des Reichskanzlers aus seinem Amte gegangen werden.
Den Nachfolger hatte Herr Rickert schon in der Tasche; dieser war der frühere
Minister v. Stosch, wie nun mit vollem Grund in Zeitungen berichtet wird.
Der innerste Grund dieser Aktion war damals die Hoffnung, daß die preußischen
Ostseeprovinzen und die östlichen Häfen Memel und Danzig in größere Protektion
genommen würden.“
Entscheidend für den Rücktritt des Generals v. Stosch war die Frage der
Steuerfreiheit der Offiziere, in der er sich im Gegensatz zu den Auffassungen
des hochseligen Kaisers befand.!)
Direktor des Allgemeinen Kriegsdepartements, Generallieutenant
v. Stiehler)
(geb. 14. August 1823)
ist im Bundesrat nicht sehr in Anspruch genommen worden. Voigts-Rhetz löste
ihn zuerst in der parlamentarischen Thätigkeit, später als Departements-Direktor
im Kriegsministerium ab. Daß er Bismarck näher getreten, hat man nicht gehört.
1) Die 1890 erschienene, gegen den Fürsten Bismarck gerichtete Streitschrift „Videant
consules"“ war auf das Konto des ehemaligen Marineministers v. Stosch geschrieben
worden. Daraufhin erklärte General v. Stosch im „Rheinischen Kurier“, daß er jene
Broschüre weder verfaßt noch gelesen habe. Ueber die Reibereien Stoschs mit dem
Auswärtigen Amt vergl. auch den Aufsatz: „Erinnerungen an Stosch“ vom Vize-Admiral
Batsch in dem Oktober-, November= und Dezember-Heft der „Deutschen Revue“.
2) Stiehle trat in das 21. Infanterie-Regiment in Gnesen ein, besuchte die Kriegs-
akademie, nachdem er in das 7. Infanterie-Regiment versetzt worden war; alsdann
kam er in den Generalstab und wurde beim General--Gouvernement von Rheinland und
Poschinger, Fürst Bismarck und der Bundesrat. II. 9