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31. Juli 1869 Bismarck gedruckt überreicht und gleichzeitig der Oeffentlichkeit
und allgemeinen Beurteilung übergeben.
Bereits vor Beendigung dieses ersten Friedbergschen Entwurfs benachrichtigte
der Bundeskanzler durch Schreiben vom 25. Juni 1869 1) den Bundesrat von
dem bevorstehenden Abschluß des Werkes. Es folgt darauf der Zusammentritt
der vom Bundesrat gewählten Kommission, in welcher Friedberg zum Referenten
ernannt wurde.
Am 1. Januar 1870 war der Bundeskanzler bereits in der Lage, den
fertig gestellten zweiten Entwurf den Bundesregierungen und außerdem allen
denjenigen, welche sich durch Einreichung von Gutachten an dem Werke beteiligt
hatten, mitzuteilen.:) Der weitere Gang der Entwicklung erhellt aus den im
Laufe der Darstellung mitgeteilten Verhandlungen des Bundesrats.
Auch an dem Zustandekommen der Strafprozeß-Ordnung und des
Gerichtsverfassungs-Gesetzes war Friedberg beteiligt. Nachdem der
Bundesrat am 5. Juni 1868 die Ausarbeitung bezüglicher Entwürfe beschlossen
hatte, ersuchte der Bundeskanzler am 12. Juli 1869 3) den preußischen Justiz-
minister Dr. Leonhardt, die Aufstellung des Entwurfs einer Strafprozeß-Ordnung
zu veranlassen. Demzufolge wurde Friedberg auch mit dieser Arbeit beauftragt.
Das charakteristische Merkmal des im November 1870 bereits fertig gestellten
ersten Friedbergschen Entwurfes war, daß derselbe die Schwurgerichte durch
große Schöffengerichte ersetzen, übrigens das Laienelement auch zu den erkennenden
Erstinstanzgerichten mittlerer und unterster Ordnung zuziehen wollte.
Im Jahre 1873 wurde Friedberg von dem Bundesrat in die Kommission
von 11 Juristen gewählt, welche beide Entwürfe beraten sollten. Dieselbe hielt
unter dem Vorsitze Friedbergs in der Zeit vom 17. April bis 3. Juli 1873
39 Sitzungen. Der Entwurf gelangte erst im Jahre 1874 an den Bundes-
rat; das wesentliche Ergebnis seiner Beratung war, daß das Institut der
Schwurgerichte wieder aufgenommen, aus den Strafgerichten mittlerer Ordnung
das Laienelement wieder entfernt und die Zuziehung der Schöffen nur bei den
Strafgerichten unterster Ordnung beibehalten wurde. Gerade die Friedbergschen
Gedanken hatten also keine Aufnahme gefunden.“)
1) In Kohls Bismarck-Regesten nicht erwähnt.
2) Auch dieses Rundschreiben des Kanzlers ist in Kohls Bismarck-Regesten nachzutragen.
3) In Kohls Bismarck-Regesten nicht erwähnt. «
4) Friedberg beteiligte sich lebhaft an der Verteidigung der Regierungspolitik im
Parlament. Er erhielt im Reichstag 1870 42mal das Wort über das Strafsgesetzbuch,
1872 sprach er 4mal, darunter 2mal über das Jesuitengesetz, 1874/75 10mal, darunter
Tmal über das Zivilstandsgesetz, 1877 6mal, 1878 15mal, 1879 18mal. Im Ab-
geordnetenhaus verteilen sich seine zahlreichen Reden auf die Sessionen 1856|57, 1860,
1861, 1865, 1866, 1868169, 1879|80, 1880/81, 1882, 1882/83, 1883/84, 1885, 1886;
im Herrenhaus auf die Jahre 1860, 1862, 1868/69, 1879/80, 1880/|/81, 1882, 1882/83,
1883|84, 1885, 1887.