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Zollparlaments 1) und über die Ernennung von Kommissaren des Bundesrats
für die Beratungen im Zollparlament.?)
Nur ganz vereinzelt stellte Bismarck selbst Anträge; 5) auch wenn er
selbst den Sitzungen präsidirte, fiel diese Aufgabe dem Präsidenten des Reichs-
kanzler-Amts zu.4) Spuren materiellen Eingreifens des Kanzlers in die Be-
ratungsgegenstände finden sich in den Protokollen nur an zwei Stellen
angedeutet; indessen ist damit nichts bewiesen, denn die Protokolle sind sehr
kursorisch gefaßt, und sie geben gerade hierin auch nicht annähernd ein treues Bild.
In der Plenarsitzung wurden im Grunde nur die Abstimmungen vor-
genommen; die Frage, in welchem Sinne die preußische Stimme abgegeben werden
sollte, war bereits vor der Sitzung entschieden. Bismarck besprach diesen Punkt
meist im Zollparlament mit Delbrück oder bei Gelegenheit der täglichen Vorträge.
Den Löwenanteil an den Arbeiten des Bundesrats hatte der Präsident
Delbrück; weitaus die größte Zahl der Vorlagen und Anträge des Präsidiums
wurden von ihm im Bundesrat mündlich eingebracht; er erstattete Vorträge-
über verschiedene Gesetzentwürfe, Anträge, Petitionen und Resolutionen des Zoll-
parlaments und gab namens der Regierung vielfach Erklärungen ab. Nach
ihm waren die fleißigsten Mitarbeiter: der Vertreter für Oldenburg und Braun-
schweig, Ministerresident v. Liebe, der hamburgische Senator Dr. Kirchenpauer,
der württembergische Ober-Finanzrat Riecke, der württembergische Gesandte Frei-
herr v. Spitzemberg, der königl. sächsische Geheime Finanzrat v. Thümmel,
der königl. sächsische Ministerialdirektor Dr. Weinlig 5) und der bayerische Staats-
rat v. Weber. Nicht zu verkennen war, daß schließlich 5—6 befähigte und fleißige
Köpfe die ganze Arbeit verrichteten. In dem Maße, wie sich diese Arbeits-
teilung vollzog, schwächte sich auch das Interesse der übrigen Bevollmächtigten
zum Bundesrat an den Beratungen ab. In der ersten Sitzung waren die
Mitglieder fast vollzählig erschienen. Preußen hatte 12 Mitglieder entsendet,
Bayern 3, Königreich Sachsen 3, Württemberg 1, Baden 2, Hessen 2, die übrigen
Staaten je einen. Vertreter anderer Staaten hatten sich substituirt 6): Groß-
1) §§ 103, 117 und 122 der Prot.
2) §§ 96 und 102 der Prot. Vorschlag des preußischen Geheimen Ober-Finanzrats.
Scheele für die Beratung der Tabaksteuervorlage, und des Geheimen Regierungsrats
Michaelis für dieselbe Vorlage und die Zolltarifnovelle.
3) §§ 68 und 69 der Prot. Zwei Anträge Bismarcks im Namen der Regierung von
Lauenburg.
4) Vgl. die 88 13, 14, 15, 16, 17, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 24, 25, 26, 66, 67, 91,
102 und 122.
5) Es reihen sich daran Dippe mit 2, Gerbig mit 3 Vorträgen, Gildemeister und.
Müller mit je 1 Vortrag.
6) Nach § 2 der Geschäftsordnung für den Bundesrat des Zollvereins war jeder
stimmführende Bevollmächtigte befugt, im Falle seiner Abwesenheit oder sonstigen Ver-
hinderung einen andern Bevollmächtigten zu substituiren.